Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6254 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6254 / 9133 Next Page
Page Background

100

[110/111]

Allerdings muß zum Wollen noch die M a c h t hinzutreten, die

Macht des Könnens, soll es zum Handeln kommen. Aber wie das

Handeln die Gewolltheit, so setzt das Wollen wesensgemäß das

Können, die Macht der Ausführung voraus. Ohnmächtiges Wollen

ist ein Widerspruch in sich. Es bleibt also dabei, daß dem reinen

Wesen nach Wollen und Handeln eine Einheit bilden.

Schließlich ist es auch nicht das Merkmal der Macht, welches den

Unterschied des Wollens und Handelns von den bisherigen Stufen

begründet (denn z. B. gehört die Macht, das Eingegebene zu denken,

zu gestalten, sowohl dem Wissen wie der Kunst zu), sondern der

Umstand, daß das Bewußtsein hier eine V e r w i r k l i c h u n g

i n d e r A u ß e n w e l t anstrebt. Daher denn auch für das un-

gebrochene Bewußtsein von Lieben, Denken, Gestalten bis zum

Handeln eine Einheit vorhanden ist; sofern nämlich zum Vor-

stellen, zum inneren Leben auch der innere Vollzug gehört.

Um das ausübende Bewußtsein zu verstehen, ist zum Unter-

schiede von Wissen und Gestalten zuerst zu beachten, daß es /

k e i n e u r s p r ü n g l i c h e E i n g e b u n g zur Grundlage habe.

Vielmehr nehmen sämtliche vorgeordneten Inhalte: Glaube, Ge-

zweiung, Wissen, Kunst (wozu auch das Sinnliche treten kann) die

Stelle der Eingebungsgrundlage ein, sie sind das, was zu verwirk-

lichen ist. Dies geschieht nicht, indem sie, wie die naturalistische

Lehre fälschlich annimmt, zum „M o t i v e“ im mechanischen

Sinne (möglichst großen Lustgewichtes und so fort) werden

1

, son-

dern indem sie: a) als W e r t e , das heißt als verwirklichungs-

würdig, als gültig erfaßt, gebilligt und b) als praktische, äußerlich

zu verwirklichende Z i e l e aufgestellt werden. Was aber jeweils

Wert oder Unwert sei, daher als Ziel der Verwirklichung in Be-

tracht käme oder nicht, gehört den vorgeordneten Bewußtseins-

stufen zu, nicht dem Wollen. Das Wissen bestimmt, was wahr, die

Kunst, was schön sei und so fort; und das vervollkommnende Be-

wußtsein, von dem wir später zu sprechen haben werden

2

, be-

stimmt, daß die Werte aller Stufen möglichst vollkommen auszu-

1

Daß es keine „Motive“ im Sinne ursächlich-mechanischer Wirksamkeit gibt,

darüber siehe auch unten S. 102 und öfter.

2

Siehe unten S. 133.