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C.
Ü b e r g a n g v o m W o l l e n i n d a s H a n d e l n
Eine besondere Schwierigkeit bot von jeher der „Übergang vom
Wollen ins Handeln“. Indem der (noch innerliche) Wille in äußeres
Handeln übergeht, bewegt er den Leib, die Muskeln. Dieser „Über-
gang“ bleibt schlechthin unerklärlich, solange man auf dem Stand-
punkte der Lehre vom Parallelismus oder der / Wechselwirkung
von Leib und Seele steht. Denn Geistiges, der Wille, kann niemals
auf Körperliches, den Leib, „wirken“
1
. Und in der Tat g i b t e s
e i n e n s o l c h e n „ Ü b e r g a n g “ n i c h t . Ein Übergang des
Geistigen ins Stoffliche wurde noch niemals beobachtet und kann
auch nicht beobachtet werden, weil er unmöglich ist. Anders wenn
man den Geist nicht selbst mit dem Stoffe, sondern mit der vor-
stofflichen, vorräumlichen Wesenheit desselben verbunden denkt.
Einzig eine Verbindung des Geistes mit den immateriellen Wurzeln
der Stofflichkeit (des Leibes) ist möglich und denkbar — die Lehre
von der „Gezweiung höherer Ordnung“, welche wir später zu be-
gründen haben werden
2
. Nur in diesem Palle bietet die Einfluß-
nahme eines Geistigen, des Willens, auf ein Geistähnliches, das
Vorstoffliche der leiblichen Materie, keine grundsätzlichen Schwie-
rigkeiten mehr. Denn Geist wirkt dann auf Geist und Geisthaftes.
Daß und wie er dies tut, zeigt sowohl die Gezweiung als auch die
Willensbeeinflussung und die Suggestion (besonders in den magneti-
schen Zuständen, der sogenannten Hypnose).
D.
W o l l e n u n d H a n d e l n a l s S e l b s t b e z e u g u n g d e s
M e n s c h e n . D a s E n t l a d e n d e d e r T a t . S u c h t .
O h n m a c h t d e s H e r z e n s
Ein starkes Gemüt ist nicht ein solches,
welches bloß starker Regungen fähig ist,
sondern dasjenige, welches bei den stärksten
Regungen im Gleichgewichte bleibt.
(Clausewitz)
Daß Wollen und Handeln Vorgeordnetes auswirken, damit aber
den inneren Geistesgehalt des Menschen erst fruchtbar machen,
1
Darüber Näheres siehe unten S. 141 und öfter.
2
Siehe unten S. 142 ff.