144
[160/161]
samtganze des Menschheitsgeistes wesensgemäß in verschiedenen
Unterganzheiten darstellen wird. Und eben diese sind die Men-
schenschläge.
7.
Ist der Geist durchgängig an den Leib gebunden?
Die Frage, ob alles Geistige durchgängig und eindeutig an den
Leib gebunden sei, kann aus der äußeren Erfahrung schwer beant-
wortet werden. Aus der Parallelismuslehre folgt die durchgängige
Gebundenheit begriffsgemäß (überdies schon wegen der „geschlos-
senen Naturursächlichkeit“); aus der Wechselwirkungslehre müßte
hingegen gefolgert werden, daß die Gebundenheit keine durch-
gängige sei. Aus dem Begriffe der Gezweiung höherer Ordnung
folgt ebenfalls eine Verneinung der durchgängigen Gebundenheit.
Denn Verbindung des Geistes mit den vorstofflichen Wurzeln der
Stofflichkeit hebt infolge der Führung, die dem Geiste darin we-
sensgemäß zukommt, seine Freiheit und Selbständigkeit gegenüber
dem Stoffe nicht auf.
Setzen wir uns aber damit nicht dem Vorwurfe aus, daß wir
einen n a t u r l o s e n G e i s t , ein naturloses Ich annehmen? /
Wir nehmen weder einen naturlosen Geist noch auch eine durchgän-
gige Gebundenheit des Geistes an die Organe des Leibes an. Die
Lehre von der Ausgliederungsordnung des Geistes gibt uns die
Mittel an die Hand, diese vielumstrittene Frage anders anzufassen
als bisher.
Auf die Tatsachenfragen im einzelnen, z. B. welche Bedeutung
Nervenverletzungen, Veränderungen der inneren Organe, Lokali-
sationen im Gehirn haben, brauchen wir uns dabei nicht einzulas-
sen. Entscheidend ist vielmehr der Satz: daß a u c h d o r t , w o
d e r G e i s t o f f e n s i c h t l i c h a n d i e O r g a n e d e s
L e i b e s g e b u n d e n i s t , n i c h t e i n e d u r c h g ä n g i g e
B i n d u n g s t a t t f i n d e , sondern der Geist immer noch über
dem leiblichen Organ stehe.
Wie wir das meinen, wird am einfachsten ein Vergleich lehren.
Der Schütze, welcher mit einem Gewehr schießt, ist zweifellos von
diesem seinem Werkzeug abhängig und daran gebunden. Aber
dennoch steht sein Wille und sein Gedanke noch darüber, sofern
er nämlich das Gewehr als Werkzeug zu verwenden oder es nicht