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zweiung nicht. Denn als Geliebter ist der Andere ich-selbst. Nur

sofern er nicht ich-selbst ist, sondern Anderheit — tritt das Be-

wußtsein aus der Gezweiung heraus. Und durch diesen Schritt,

diese innere Tat entsteht das Wissen.

Damit es aber zum Wissen komme, das heißt, die Anderheit als

Gegenstand (Objekt) auftreten könne, muß noch etwas zur geistigen

Haltung der Gezweiung hinzukommen: die Eingebung — denn die

Anderheit, unmittelbar erfahren, ist Eingebung — muß sich von

mir a b 1 ö s e n. Erst dann wird das Eingegebene, das mich, in

U n m i t t e l b a r k e i t erfahren, noch erfüllt, mehr i n mir ist als

mir entgegengesetzt, zum Gegenstand, zur fremden Anderheit.

Es ist also die Eingebung, nur als das Unmittelbare schlechthin

verstanden, genau besehen, keine neue Erscheinung. Sie ist nicht

erst in der Stufe des Wissens vorhanden. Denn das Unmittelbare

des Innewerdens des anderen Geistes; und ebenso das Unmittelbare

der Andacht ist im weiteren Sinne nichts anderes denn Eingebung.

Da aber hier eine Vermittelbarung auf eigener Ebene nicht eintritt,

wie sich schon zeigte, kann auch das Unmittelbare vom Mittel-

baren nicht unterschieden werden, das heißt, die Eingebung als

solche nicht hervortreten und von ihrer Verarbeitung nicht getrennt

werden

1

. Ohne Verarbeitung kann die Eingebung nicht als Ein-

gebung in Erscheinung treten.

/

Erst im Wissen wird daher die Eingebung als solche unterscheid-

bar. Denn erst hier tritt sie als ein solches Unmittelbares auf, wel-

ches nicht erst durch spätere artfremde Stufen (wie bei Andacht und

Gezweiung), sondern in sich selber vermittelbart wird.

Darum gründet alles Wissen auf Eingebung. Schon indem das

Eingegebene als Gegenstand aufgefaßt wird, wird seine Loslösung

vom Bewußtsein eingeleitet, das Eingegebene zum Begriffe erhoben.

Die Fortsetzung dieses Vorganges führt dazu, den Gegenstand in

Teilgegenstände, den Begriff in Unterbegriffe zu gliedern.

Das wurde früher hinlänglich auseinandergesetzt

2

. Es wurde

damit auch die grundlegende Erscheinung in ein besonderes Licht

gestellt: daß uns hier zum ersten Male die arteigene V e r m i t t e l -

1

Siehe oben S. 87 f.

2

Siehe oben S. 67 f.