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B.
Die S t u f e d e s ü b e r s i n n l i c h e n B e w u ß t s e i n s
ist noch durch dieses Unmittelbare allein bezeichnet. Der Glaube
hat, wie sich früher zeigte und am Tage liegt, keine arteigene Ver-
mittlung, denn was als Vermittlung auftritt, gehört den späteren
Stufen an, z. B. dem Wissen (Dogma), der Kunst (sinnbildliche Dar-
stellung der Gottheit), dem Handeln, der Gezweiung (Liebe, Gottes-
liebe).
Das übersinnliche Bewußtsein ist nichts anderes als die Tatsache,
daß alles im Geistesgrunde enthalten sei. Insofern ist es ableitbar,
ist es in seiner Wesenheit und Notwendigkeit einsichtig zu ver-
stehen.
C. Die S t u f e d e s G e z w e i u n g s b e w u ß t s e i n s
macht den wirklichen Beginn der Ausgliederung des Geistes. Die
wirksame Urtatsache ist die Gezweiung. Das Innewerden des An-
deren ist die erste konkrete Bewußtseinsäußerung: Liebe (in ihren
Vollkommenheits- und Unvollkommenheitsformen). — Was das
übersinnliche Bewußtsein enthält, kann es deswegen nicht unmittel-
bar ausgliedern und weitergeben, weil die konkrete, menschliche
Bewußtseinsschichte erst mit der Gezweiung beginnt. Allerdings
ist es eine uralte Erfahrung des religiösen Bewußtseins, daß Glaube
die Liebe begründet. Aber dies bedeutet gewissermaßen die Über-
tragung auf eine andere Ebene. Glaube ist nicht als solcher Sein-
tragendes Sein, denn er wendet sich an Gott, der mehr ist als Sein.
Unmittelbar in sich selbst / finden wir daher im Glauben das
Gezweiungsbewußtsein nicht konkret enthalten. Demnach ist ein-
sichtig zu verstehen, daß erst mit der Gezweiung das wirkliche
Bewußtsein seinen Anfang nehmen könne und darum erst in ihr
seine erste Ausgliederungsform (Besonderung) erhalte. Hiermit ist
dieses Verhältnis von Glaube und Gezweiung vollständig auf-
geklärt.
Im Gezweiungsbewußtsein zeigten sich zwei Elemente enthalten:
das Selbstsein, die Einerleiheit mit sich selbst; das Der-Andere-
Sein, die Vereinerleiung mit dem Andern. In beiden liegt, daß es
keine arteigene Vermittelbarung i n n e r h a l b des Gezweiungs-