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ein versinnlichtes Sein, denn eben das ist die Gestalt; andrerseits
aber besteht hier die Gegenständlichkeit, Entgegengesetztheit, Ge-
trenntheit nicht! Sondern das Gestaltende gibt sich in diesem Sein
selber aus, fließt gleichsam in ihm aus.
Es wurde schon früher gezeigt, daß auch hier, im Rahmen der
Gestaltung, a r t e i g e n e V e r m i t t e l b a r u n g eintritt, in-
sofern nämlich die Gestalt in weitere Untergestalten besondert,
durchgebildet, konkretisiert werden muß.
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Als Gestaltung eines Gewußten ist die Kunst eine weitere, dem
Wissen folgende Besonderung, Vermittelbarung des Geistes. Der
Eingebungsgrund des Geistes ist aber noch Anschauung, daher Un-
mittelbarkeit; erst die Durchgestaltung ist Gemachtes, ist Vermittel-
tes, und zwar auf der neuen Ebene der Gestaltung, nicht des Be-
griffes.
Ist die Kunst in dieser Hinsicht weitere Vermittelbarung des
Geistes, so ist sie doch auch wieder Rück-Verunmittelbarung, Rück-
kehr zur Einheit. Denn sie versinnlicht zwar die Gestalt, aber sie
hebt die Trennung von Bewußtsein und Gegenstand wieder auf.
Darum bezeichneten wir die Kunst als Rück-Verunmittelbarung;
in der Sprache des deutschen Idealismus müßten wir sagen, sie sei
eine S y n t h e s i s v o n G e z w e i u n g u n d W i s s e n . Denn
in der Gezweiung herrscht Einerleiheit der Gezweiten; im Wissen
trennt sich das Gewußte vom Wissenden; in der Kunst wird das
Gewußte zur Einheit des Gestaltenden und Gestalteten verbunden.
Diese Einheit vollzieht sich zudem durch die Versinnlichung der
Eingebung, welche grundsätzlich im Begriffe der Gestalt liegt, in
einer zeugenden, sich zum Sein ausgebenden Weise. Allerdings
bleibt diese Versinnlichung zunächst noch auf i d e e l l e r Ebene:
Die Vision des Gemäldes, des Tonstückes, der Dichtung, des Ge-
bäudes ist rein geistig; erst die äußere Darstellung, die äußere
Durchführung — welche ein Handeln erfordert — führt zu Farbe
und Pinsel, zu Musikgerät, zu Buch- und Schauspielwerk, zu Qua-
dersteinen.
E.
Die S t u f e d e s W o l l e n s u n d H a n d e l n s
Auf rein geistigem Felde, das heißt im Innern des Geistes selbst,
sind nun mit der Entfaltung des auf Eingebung gegründeten Be-