Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6333 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6333 / 9133 Next Page
Page Background

[198/199]

179

Haushaltrechnungen — bestimmt. Nicht einmal das sogenannte „physiologische

Existenzminimum“ ist gleich. Denn je nach dem durchschnittlichen Lebensalter, das

bei einem bestimmten Wohlstande in einer bestimmten Kultur erreicht wird oder

erreichbar wäre, aber auch je nach den Mitteln, welche eine Kultur zur Sicherung

eines solchen „ E x i s t e n z m i n i m u m s “ in rein geistiger Hinsicht bereitstellt,

ändert sich das Mindestmaß der Daseinsfristung. Man denke nur an den Islam,

welcher bestimmte Waschungen vorschreibt, dagegen bestimmte Nahrungsmittel,

z. B. Wein, verbietet.

Bezeichnend ist denn auch, daß es die empiristische Seelenlehre nicht einmal

zu einer begründeten E i n t e i l u n g d e r B e d ü r f n i s s e brachte. Nur der

atomistischen Volkswirtschaftslehre blieb es Vorbehalten, von einer solchen zu

sprechen. Genauer entwickelt hat sie sich aber selbst da nicht, auch nicht in ihren

psychologistischen Schulen. Warum? — weil sich bei jedem Versuche, der unter-

nommen wurde, die Unmöglichkeit der Durchführung herausstellte, sobald es

ins einzelne ging.

Von den hiermit verständlich gemachten E n t s p r e c h u n g e n

d e s h ö h e r e n G e i s t e s l e b e n s im Sinnlichen wenden wir

uns nun diesem selbst zu. Wir erkannten schon in früherem / Zu-

sammenhange den I n s t i n k t in seiner Bedeutung als Vorbe-

dingung der sinnlichen Empfindungen und in seiner Wesenheit als

Äußerung der Ganzheit, der Gattung.

Begreift man den Instinkt aus der Ganzheit und der Gezweiung höherer Ord-

nung, dann versteht man auch seine grundlegende Bedeutung: Er knüpft in der

Sinnlichkeit das Einzelwesen an das Allgemeine, an die Gattung. Im Instinkt

spricht sich darum die H i n o r d n u n g d e r W e s e n a u f e i n a n d e r a u s .

Sei es als unbewußte, unbedachte Abneigung oder Zuneigung zu Menschen, Tier

und Natur, sei es als dunkle Regung der Zusammengehörigkeit und Förderlichkeit

oder der Gefährlichkeit gegenüber der Nahrung und den allgemeinen Lebens-

bedingungen. So e r k e n n e n w i r i m I n s t i n k t e d i e l e t z t e E n t -

s p r e c h u n g d e r G e z w e i u n g w i e d e r .

Sind aber, wie sich zeigte

1

, die inneren Sinnesempfindungen und Triebe

Besonderungen des Instinktes, allerdings bestimmt durch die Verrichtungserfor-

dernisse des Leibes, die äußeren Empfindungen weitere Besonderungen, nämlich

des Allsinnes des gesamten Leibes, aber durch den Bezug auf die Gegenstände

(Reize) der äußeren Natur mitbestimmt — dann eröffnen sich hier weitere, aber

nur mittelbare E n t s p r e c h u n g e n z w i s c h e n G e i s t , L e i b u n d

N a t u r , deren Ableitung in der Geisteslehre selbst nicht mehr möglich ist

2

.

II. Ableitung der Teilinhalte

Bezüglich der Teilinhalte ist die Setzung oder Ausgliederung als

Urtat mit dem Begriffe der Ganzheit von selbst gegeben. Daß diese

1

Siehe oben S. 116 ff.

2

Andeutungen darüber siehe aber oben S. 137 f., unten Rückverbundenheits-

lehre; Geschichtsphilosophie, Jena 1932, S. 401 ff.