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Als begeistete immaterielle Wurzel des Stofflichen hat es sowohl
Geistigkeit wie Stofflichkeit an sich, ist es daher ein geistähnlicher
oder seelenähnlicher Leib und kann mit Recht g e i s t i g e r L e i b
o d e r p n e u m a t i s c h e r L e i b genannt werden.
Der Begriff des geistigen Leibes ist der neuzeitlichen Seelenlehre
notwendig fremd. Denn ob sie nun geradewegs sensualistisch sei
oder den Sensualismus abzuschwächen suche, sie bleibt naturwissen-
schaftlich, empiristisch und darum in der letzten Ausrichtung, und
wäre es auch wider Willen, materialistisch. Macht man aber mit dem
Begriffe des Geistes Ernst und erkennt man die Unvollziehbarkeit
einer unmittelbaren „Wechselwirkung von Leib und Seele“
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, dann
stößt man mit Notwendigkeit auf eine Ebene, wo sich Geist und
Stoff treffen. Ist diese Ebene einmal angenommen, dann ergibt sich
weiter, wie schon ausgeführt, daß auf ihr ein arteigenes zwieschläch-
tiges Gebilde entsteht, das einerseits den Geist in sich aufnimmt,
andrerseits auf den verräumlichten Stoff derart wirkt, daß es ihm
das Gepräge des Geistes aufdrückt. Dieser geistige Leib ist ein Zwi-
schengebilde auf vorräumlicher Ebene. Der verräumlichte Stoff da-
gegen, welcher den Stempel des Geistes trägt, ist der leibliche Orga-
nismus.
Nicht nur von der Logik, auch von den Tatsachen wird der pneu-
matische Leib gefordert. Physiologische Erscheinungen der außer-
ordentlichen Zustände, z. B. hypnotischer Art, somnambuler Art,
Materialisationen, können ohne eine vorräumliche Grundlage des
Leibes nicht erklärt werden.
Daß ferner der Leib Stoffe anzieht und wieder ausstößt, dabei
aber seine G e s t a l t bildet und bewahrt, weist auf eine geistartige,
vorstoffliche Wurzel der Lebensvorgänge deutlich hin. Denn nur
etwas Geistartiges vermag in der Veränderung / also sich zu be-
haupten, es selbst zu bleiben. Auch ganz im allgemeinen folgt aus
der nüchternsten Überlegung, daß durch bloße chemisch-physika-
lische Vorgänge niemals Hände und Füße, Antlitz und Stimme ent-
stehen könnten. Hier kann nur die Aufgabe des geistigen Lebens,
der Zweck, entscheidend sein. Der Zweck darf aber nicht primär und
nicht äußerlich gefaßt, er muß aus den beiderseitigen Vorausset-
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Vgl. oben S. 141.