[289/290]
257
weiter, was hier nicht erklärt werden kann, ergibt: die Weise des
Kreislaufes (der Periodizität), der Junggeborenheit und Zeitstufe
(Epoche); die Weise des Eigenlebens des Gliedes oder der Freiheit
und des Schicksals
1
.
Der U n v o l l k o m m e n h e i t n a c h gelten folgende Kate-
gorien: die Fehlumgliederung, welche nach Gegensätzlichkeit, Dia-
lektik in Form von Verneinung, Gegenverneinung und vereitelnder
Gegenverneinung vor sich geht. Die Fehlumgliederung erfolgt als
F e h l g r ü n d u n g u n d F e h l e n t f a l t u n g mit den Weisen
der Stauung und des Bruches (Diskontinuität und Krise), denen
heilender Gegenbruch oder Gegenkrise mit der Spannung oder Miß-
entsprechung (Diskorrelation) gegenübersteht. — Die Unvollkom-
menheiten der Ebenbildlichkeit in der Zeit ergeben keine eigenen
Formen, sondern nur die Verneinungen: Artunbeständigkeit, un-
vollständige Kreisläufe, vor- / zeitige Reife (statt der Junggeboren-
heit), unvollständige Zeitstufen (Epochen); überbildetes oder zu
schwaches Eigenleben des Gliedes (Mißbildung der Freiheit, Nicht-
Meisterung und Mißentfaltung des inneren Schicksals).
Diese Schlüsselbegriffe zeigen, mit welchen Begriffsmitteln die
innere Entfaltungsgeschichte des einzelnen Menschen zu betrachten
wäre. Würden wir darauf eingehen, so erforderte das so weit aus-
holende Untersuchungen, daß der zusammenfassende Zweck dieses
Buches beeinträchtigt würde. Wir begnügen uns daher mit grund-
sätzlichen Hinweisen, zu denen man manche Ergänzungen in
unsrer „Geschichtsphilosophie“ finden wird.
II. Der Werdegang des menschlichen Geistes
A.
Die E i g e n t ü m l i c h k e i t d e r G r ü n d u n g a l s
V o r a u s s e t z u n g d e r E n t f a l t u n g
Wenige Dinge in der Welt werden so gründlich mißverstanden
wie das Werden des menschlichen Geistes. Der menschliche Geist
nimmt keineswegs den Weg vom Nichts zum Etwas, sondern geht
1
Vgl. zur Begründung meine Geschichtsphilosophie, Jena 1932, S. 340 ff.
und 360 ff.
17 Spann 14