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sich im Setzen zugleich entgegensetzt, also das Ich sich selbst er-
kennt
1
. Selbstvergegenständlichung (Subjekt-Objektivierung) oder
Selbstbezogenheit ist hier das Wesen des Ich. Fichte hat hiermit das
Große erreicht: das S e l b s t b e w u ß t s e i n erklärt zu haben.
Wir erinnern aber hier an früher Gesagtes
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, wonach nicht nur
Selbstobjektivierung, sondern auch Liebe, also nicht nur das Ich-
Gegenstand-Verhältnis (Subjekt-Objekt-Verhältnis), sondern auch
das Ich-Du-Verhältnis (Subjekt-Subjekt-Verhältnis) zur Begründung
des Ich gehört. Und wobei dem Ich-Du-Verhältnisse sogar der
Vorrang zukommt. Jedoch ist aus beidem Ichheit, Persönlichkeit,
noch nicht erklärbar.
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E r s t d i e R ü c k v e r b i n d u n g s c h a f f t P e r s ö n -
l i c h k e i t . Denn erst wenn das Ausgegliederte (das in Selbst-
setzung Ausgegliederte) selber in einem Höheren, es Befassenden
aufgehoben, von diesem gehalten, umrahmt wird, erst dann kann
es für seine Selbstsetzungen einen Hintergrund, erst dann kann es
daher seine eigene Einheit als Selbstbezogenheit finden. Es ist für
den Begriff der Persönlichkeit durchaus entscheidend, einzusehen,
daß Selbstbezogenheit, Selbstbewußtsein, Einheit des Ich nur mög-
lich ist, wenn das Ausgliedernde (der einzelne Mensch) seine eigenen
Setzungen durch Rückverbundenheit in einem Höheren wieder be-
festigt, an dieses Höhere gleichsam wieder anheftet. Erst durch
Rückverbundenheit ist es möglich, daß das Ausgliedernde sich nicht
verliere, daß Ausgliedern auch ein Beisichselbstbleiben (wie Schelling
und Hegel sagten) werde. Und erst das Sichnichtverlieren, das Bei-
sichselbstbleiben ermöglicht das Sichselbst-Unterscheiden des Ich von
seinen eigenen Setzungen, worin ja die Selbstentgegensetzung,
Selbstobjektivierung — das Selbstbewußtsein besteht.
Daß Selbstbezogenheit, Selbstbewußtsein, überhaupt möglich sei,
das ist das große Mysterium, das heilige Geheimnis, der unauf-
lösliche, übergedankliche Grund der Ichheit.
In der „Selbstbezogenheit“ liegt nicht nur, daß alle einzelnen
Setzungen auf eine „Einheit“, das Ich, bezogen werden; sondern
darüber hinaus noch: daß diese „Einheit“, das Ich, sich dadurch zu-
1
Vgl. Philosophenspiegel, Leipzig 1933, S. 93 fl. [2. Aufl., Wien 1950
S. 114 ff.].
2
Siehe oben S. 59.
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