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leben die Gezweiungspersönlichkeit eines Menschen (auch im

Gezweiungsbewußtsein liegt die Aufhebung in einer über den

Einzelnen hinausliegenden Ganzheit, aber nicht mehr in einer über-

menschlichen Ganzheit). — Das e r k e n n e n d e B e w u ß t -

s e i n begründet in seinem Eigenleben die denkerische Persön-

lichkeit. Erkennen ist Gegenstandsbewußtsein und doch liegt auch

in ihm zugleich die Aufhebung (Rückverbindung) in einem Höhe-

ren, sofern nämlich das Gegenstandsbewußtsein auf einer Ein-

gebung beruht. — Das k ü n s t l e r i s c h e B e w u ß t s e i n

schreitet über das Gegenstandsbewußtsein hinaus, indem es den

Gegenstand zur Gestalt macht und mit dieser gewissermaßen wie-

der in eine Einheit zusammenschmilzt (nicht denken, sondern mit-

empfinden, gleichsam in die Gestalt selbst sich hineinbegeben, mit

ihr verschmelzen ist ein Merkzeichen des künstlerischen Gestal-

tens

1

. Das künstlerische Bewußtsein hat infolge dieser Verschmel-

zung mit dem Gegenstande die Eigentümlichkeit, daß es den

K ü n s t l e r a n S e l b s t h e i t (Gegensatz zum Objekt) e i n -

b ü ß e n l ä ß t , dagegen das Moment der Rückverbundenheit im

Eingebungsgrunde der Gestalten stärkt. Die Wahrheit dieser Be-

hauptung wird jedem einleuchten, der in Lebensgeschichten der

Künstler bewandert ist. Diese Schwächung des Gegensatzes zum

Ich ist es, was den Künstlern so leicht den Vorwurf der „Charakter-

losigkeit“ einträgt. — Das w o l l e n d e u n d h a n d e l n d e

B e w u ß t s e i n / begründet die Willenspersönlichkeit. Der Wille

stellt sich den Gegenstand als Ziel gegenüber. Wie beim denkenden

Bewußtsein ist hier aber Rückverbindung im Eingebungsgrunde des

Handelns (der Begeisterung oder des dem Handeln ursprünglich

zugrunde liegenden Wissens) gegeben und damit wieder eine Selbst-

aufhebung (Rückverbindung), die persönlichkeitsbildend ist. — In

der äußeren und inneren S i n n e s e m p f i n d u n g sind die Ver-

schmelzung mit dem Gegenstande wie beim gestaltenden Bewußt-

sein und die Entgegensetzung wie beim Denken (Gegenstands-

bewußtsein) verbunden. Da aber die sinnliche Empfindung erst mit

Hilfe der höheren Geistestätigkeit zustande kommt, liegt hier nur

S t o f f , nicht Quelle der Persönlichkeitsbildung vor. — Zu diesen

Stufen kommt schließlich noch das v e r v o l l k o m m n e n d e

1

Vgl. oben S. 172.