346
[390/391]
Identitätsphilosophie; wenn der absolute Geist ferner sich in d i a -
l e k t i s c h e n S c h r i t t e n als Natur und Geist auf eindeutig
bestimmte Weise durch alle Formen und Wesen hindurch setzte —
dann wäre es in der Tat eine Frage, wie das Persönliche des absolu-
ten Geistes zu erklären sei. Unseres Erachtens ist allerdings diese
Frage zuletzt auch bei Hegel zugunsten der Persönlichkeit des
absoluten wie des endlichen Geistes zu entscheiden. Aber die Tat-
sache, daß ein Streit in der nachhegelischen Philosophie darüber aus-
brechen konnte (auch der so besonnene jüngere Fichte wirft Hegel
vor, sein Absolutes sei ein Unpersönlich- / Allgemeines)
1
, be-
zeugt, wie schwierig die Denkaufgabe für die Begriffsmittel der
Dialektik war.
Anders vom Standpunkte des ganzheitlichen Verfahrens. Für den
Begriff der Ganzheit kann vom menschlichen Geiste als einem
ichhaften, persönlichen Wesen auf das höhere Ganze wieder nur
als auf ein irgendwie Ichhaftes, Persönliches geschlossen werden.
Der B e g r i f f d e s i c h h a f t e n m e n s c h l i c h e n G e i -
s t e s k a n n n i e m a l s a u f d e n B e g r i f f e i n e s ü b e r
i h m
s t e h e n d e n
U n p e r s ö n l i c h - A l l g e m e i n e n ,
e i n e s „ u n p e r s ö n l i c h e n P n e u m a s “ f ü h r e n . Persön-
liches kann immer nur auf ein Persönliches hinweisen. Das folgt
aus dem Begriffe der Ganzheit. Denn: Glied deutet auf Ganzheit;
Ganzheit ist Aufgehobensein, Rückverbundenheit des Ausgeglieder-
ten im Ausgliedernden und in dieser Eigenschaft: Ichheit, Per-
sönlichkeit.
Je höher wir vom einzelnen Menschen hinauf gehen — durch die
Gezweiung und ihre Stufen zum absoluten Geist, der sich dem
Menschen im Fünklein ankündigt — umso unbestimmter aller-
dings wird uns der Begriff der Ichheit, des Persönlichen. Dies aber
nicht aus grundsätzlicher Unsicherheit darüber, ob Ichheit dort
überhaupt noch anzutreffen sei, sondern darum: weil uns die Aus-
gliederungskraft und Ausgliederungsordnung dessen, was für uns
die „Ganzheit als solche“ ist, in seinem inneren Gefüge nicht kon-
kret darstellbar und in diesem besonderen Sinne allerdings uner-
schwinglich ist. Das bedeutet aber nicht, daß wir nun völlig verlas-
1
Vgl. z. B. Immanuel Hermann Fichte: Anthropologie, 3. Aufl., Leipzig
1876, §§ 58 ff.