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sen wären und etwa auch die Möglichkeit eines „U n p e r s ö n -

l i c h - A l l g e m e i n e n “ zugeben müßten. Denn einmal haben

wir in der Zergliederung des Wesens der eigenen Ichheit, deren

selbstsetzende Subjekt-Objektivierung, deren Hingabe und deren

Actus purus sich uns enthüllt, die Bürgschaft dafür, daß dieses

„An-sich“ auch in uns das letzte Begründende, ja gerade dasjenige

ist, was uns zur / Ichheit bestimmt. Und ferner haben wir, ganz

allgemein gesprochen, durch die Kategorie der Ebenbildlichkeit des

Gliedes, wie schon bemerkt, ebenfalls die Bürgschaft dafür, daß

jene ausgliedernde absolute Urmitte nicht ein Unpersönlich-Allge-

meines sein könne: Es muß also ebenfalls ein im weiteren Sinne

Ichhaftes sein! Weil aber eine nähere Bestimmung nicht möglich

ist, nennen wir es mit Recht überpersönlich.

Nicht Entpersönlichung des Absoluten im Sinne eines abstrakten

Pantheismus oder eines mißverstandenen Buddhismus folgt aus

dem ganzheitlichen Geistesbegriffe, auch nicht Vernichtung und

Entwertung der eigenen Persönlichkeit; sondern Reinigung der

Persönlichkeit von Eigensucht kraft ihrer Erhöhung durch Hin-

gabe, endlich Einigung mit ihrem schöpferischen Grunde in jenem

Sinne, den die Mystiker „Verwesentlichung“ nannten: „Mensch,

werde wesentlich . . . “ (Angelus Silesius).

Soll der Begriff eines „unpersönlich-allgemeinen“ Geistes mit

Recht gedacht werden, dann nur in der Weise, daß die geistigen

Betätigungsweisen als gleichartige Inhalte aller individuellen Gei-

ster (als Teilinhalte oder Teilganze der Gesamtganzheit derselben)

aufgefaßt werden. Insoferne alle individuellen Geister in grund-

sätzlich g l e i c h e r W e i s e d e n k e n , ergibt sich ein Unper-

sönlich-Allgemeines als ein abstrakter Begriff, als Bewußtsein über-

haupt (Kant) „Vernunft an sich“, „allgemeines Pneuma“ usf.

Aber dieses Abstraktum einer gleichen Geistigkeit aller Ein-

zelnen hängt in der Luft, wenn man die Gleichheit der Geistes-

inhalte nicht dadurch erklärt, daß alle Menschen Glieder einer und

derselben Ganzheit, der Menschheit, sind.

Als Abstrakt-Allgemeines oder gleicher Teilinhalt aller Glieder

gefaßt, ergibt sich der Geist als etwas Unpersönliches; dagegen als

Konkret-Allgemeines oder Ganzheit gefaßt, ergibt sich der Geist als

ein persönlicher; höher hinauf als ein überpersönlicher. Darum

nennt Meister Eckehart Gott „ein über- / seiendes Nichtsein“.