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stimmtere wird. Diese beiden Beziehungen sind typisch für j e d e

positive Erfassung des Problems.

Welche erste Bestimmung uns nun der problematisierte Tatbestand

gemäß unserem Wissen über ihn abringen soll, das ist natürlich

durchaus strittig. Was Dilthey anbelangt, so hält er sie vor allem für

erkenntnistheoretischer Natur. Nämlich: Indem er (sehr mit Recht)

fordert, an der Urquelle der sozialen Erscheinungswelt, am Struktur-

zusammenhange der Seele, jene ursprünglichen Zusammenhänge zu

erlauschen, aus welchen ein Bewußtsein über das Verhältnis der Ge-

setzmäßigkeiten der abstrahierten gesellschaftlichen Teilinhalte zur

ganzen Wirklichkeit und untereinander erlangbar wird — indem er

dies fordert, s u c h t e r j e n e s v e r d e u t l i c h e n d e P r i n -

z i p d e s G e s a m t z u s a m m e n h a n g e s

d e r

g e s e l l -

s c h a f t l i c h e n W i r k l i c h k e i t . Welches dieses verdeut-

lichende Prinzip ist, wissen wir nicht. Dilthey gibt nur sozusagen

den soziologischen Ort desselben (den Strukturzusammenhang der

menschlichen Seele) an. Aber es kann kein Zweifel sein, daß jenes an

der Urquelle des Sozialen zu Erlauschende n o t w e n d i g auf eine

solche einfachste, prinzipielle Bezeichnung des Gesamtzusammen-

hanges der Gesellschaft hinauslaufen muß, genauer: S e l b s t eine

solche Bezeichnung sein muß! O d e r w i e w ä r e e i n z u r e i -

c h e n d e r B e g r i f f d e s V e r h ä l t n i s s e s v o n W i r t -

s c h a f t , R e c h t , R e l i g i o n u s w . z u r v o l l e n W i r k -

l i c h k e i t d e r G e s e l l s c h a f t a n d e r s m ö g l i c h d e n n

a l s B e g r i f f i h r e s G e s a m t z u s a m m e n h a n g e s ? Ein

grundsätzlich anders geartetes Beispiel, als es etwa die dialektisch-

materialistische Geschichtsauffassung in dieser Beziehung (nämlich,

daß die Bezeichnung des Verhältnisses der Teilinhalte selbst schon

die Bezeichnung des Gesamtzusammenhanges sei) bietet, ist unmög-

lich

1

1

Und zwar nicht nur in dieser, sondern auch in einer anderen, formalen

Beziehung, — welche die Aufteilung und Hinausschiebung des Problems vom

dynamischen Gesamtzusammenhange als formale, systematische Verschiebung

betrifft — ist eine grundsätzlich andere Artung ausgeschlossen. Zum Beispiel ist

gerade die ökonomische Geschichtsauffassung auch als eine Verhältnisbestimmung

der Seelenkräfte im ganzen des seelischen Strukturzusammenhanges aufzufassen,

und zwar als eine solche, die auch prinzipiell erkenntnistheoretisch begründbar

ist. Es wird da vor allem deutlich, daß es für j e d e Bezeichnung des Verhält-

nisses von Teilinhalt und Ganzem, welche auf das Bewußtsein als letztes zu-