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360

2. Platon

(

347 v. Chr.)

a.

B e r i c h t

[406/407]

Was Platon über Geist und Seele sagt, ist in mehreren Gesprä-

chen zerstreut und keineswegs eindeutig. Im „Phaidros“ wird die

Seele dargestellt unter dem Bilde eines Wagenlenkers, welcher selbst

der Geist (

νούς

) ist; und zwei Rosse lenkt: dasMutartige

(θνμοειδές

)

und das Begierdeartige (

π

ιθυμ

ητικόν)

1

.

Dieselbe Dreiteilung in

Geist, Mut, Begierde findet sich im Staate

2

. — Im „Timaios“ unter-

scheidet Platon aber sieben Kräfte der Seele.

Im „Phaidros“, „Phaidon“, „Timaios“ und in den Gesetzen wird

die Seele (Seele im weiteren Sinne wird auch gleichbedeutend mit

Geist gebraucht) als das sich selbst Bewegende, das auch die Erstig-

keit (Prinzip) des Lebens in sich trägt, dargestellt. Im „Timaios“

wird die Seele aus der Weltseele abgeleitet. Der Weltbildner (De-

miurg, Gott) bringt zuerst aus der unteilbaren Dasselbigkeit

(

ταύτον άμερές

)

und der teilbaren Anderheit

(

θάνερον μεριστόν

)

durch Mischung die Weltseele hervor, deren Leib die stoffliche

Welt ist. Aus demselben Mischkruge entnimmt nun der Welt-

bildner das Übriggebliebene und bildet daraus die Einzelseelen.

Auch diese bestehen also aus Dasselbigkeit und Anderheit (Einheit

und Vielheit). Vermöge der ersteren (Dasselbigkeit, Einheit) erfas-

sen sie durch Vernunfterkenntnis

(

λογιστικόν

)

die ewigen Ideen; ver-

möge der letzteren (Anderheit, Vielheit) erfassen sie durch Sinnes-

wahrnehmung (

αίσθητικόν

) die stoffliche Welt. Denken und Wahr-

nehmen sind damit grundsätzlich geschieden. Nach dem „Phaidros“

ist Erkenntnis Wiedererinnerung

(

άνάμνησις

)

der geschauten Ideen

3

.

/

Im „Staate“ werden die drei Seelenkräfte

(

γένη

):

Geist, Mut

und Begierde, den drei Ständen zur Seite gesetzt. „Wie im Staate

drei Stände

(

γένη

)

waren, die ihn zusammenhielten, die Erwer-

ber (Wirtschafter), Helfer (Krieger) und Berater (Weisen), ist so

auch in der Seele ein Drittes [außer Geist und Begierde], das

Mutartige und von Natur der Helfer des Geistigen, wenn es nicht

durch schlechte Zwecke verdorben wurde

4

.“ Den drei Ständen und

1

Platon: Phaidros, 246a.

2

Platon: Staat, 439d ff.

3

Platon: Menon, 8od ff.

4

Platon; Staat, 44oe.