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ser zunächst unbeachtet — entfaltete sich aus den Nöten und Be-

dürfnissen ärztlicher Seelsorge heraus die T i e f e n p s y c h o l o -

g i e .

Siegmund Freud (1856—1939) hat als der Begründer seinen Na-

men untrennbar mit ihr verbunden. Wenn Spann mit der uns

bekannten Verurteilung Freuds

1

als eines Unholdes in der Wissen-

schaft recht gehabt haben sollte, so war dessen Werk ein Werk des

„Bösen, das doch das Gute schafft“. Die in ihrer Einseitigkeit jeden-

falls sehr fragwürdigen Erkenntnisse Freuds haben zweifellos bisher

sorgsam verdeckte abgründige Tiefen des menschlichen Seelenlebens

aufgerissen, die uns schließlich aber zu einem Grund hinführten,

der nicht von dieser Welt ist. Die allbekannte Lehre Freuds braucht

hier nicht mehr dargelegt zu werden. Bedeutungsvoll ist jedenfalls,

daß auch sie in der Geistesgeschichte ihren Kairos gefunden hat und

daß der Ursprung wie die Weiterentwicklung dieser düsteren

Psychoanalyse durchaus lichtvolle Aspekte vor und hinter sich hatte.

Denn sie greift zurück auf die Lehre vom U n b e w u ß t e n als ein

großes Erbe des Spätromantikers Carl Gustav C a r u s ; und

findet ihre, zum Teil freilich antithetische Ausgestaltung in der

Lehre von den A r c h e t y p e n des großartigen Carl Gustav

J u n g . Schließlich wird sogar von der Ganzheitspsychologie her

durch Hans V o 1 k e 1 t

2

ein Brückenschlag zur Tiefenpsychologie

versucht.

Es ist nicht zu leugnen: die Tiefenpsychologie hat auch schon in

ihren Anfängen, zwar nicht philosophisch, aber instinkt- und trieb-

haft jene beiden Bereiche angezielt, in denen Spann den Mutterbo-

den des Seelenlebens erkannte, im „D u“ und im „Ü b e r - D i r“.

Wurde dieses auch sehr geistferne und naturhaft von Freud als ein

„E s“ festgehalten, von dem das Ich unbewußt geführt oder ver-

führt wird, so wußte Alfred Adler (1870—1937) um die integrie-

rende Bedeutung der Gemeinschaft für eine störungsfreie Entfal-

tung der menschlichen Seele.

Aus den „untersinnlichen“, das Ich tragenden Seelenschichten fand

1

Siehe oben S. 249.

2

Hans Volkelt: Grundfragen der Psychologie, München 1963, S. 137 f., 148,

152 f., 172 ff. und öfter.