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„Nus“. Er stellt auch den drei höheren Seelenkräften die drei nie-
deren gegenüber: das Begehren (gerunge), die Betrachtung (be-
v
trahtunge) und den rationalen Verstand (redelicheit, die Fähigkeit
zu Reden, zu Zergliedern)
1
. Weiters aber unterscheidet Eckehart
(schon als Scholastiker) eine w i r k e n d e und eine l e i d e n d e
V e r n u n f t , ohne allerdings zu einer ausgeprägten Eingebungs-
lehre zu gelangen, sosehr eine solche im höchsten Sinne und in groß-
artigster Weise seine ganze Lehre durchzieht. Denn die Gottesge-
burt in der Seele ist die vollkommenste „Eingebung“, das „enpfa-
hen“ der höchsten Gottesgabe. Darauf ist die dritte, die „ v e r -
m ö g e n d e “ Vernunft
2
hingerichtet, jene höchste menschliche
Kraft, welche, meist unerweckt und unerkannt, als ein innerstes
„potentielles“ Vermögen des Menschen seine Ebenbildlichkeit be-
gründet.
Mit dem oben
3
über das Gemüthafte und über den Willen
Gesagte kommen wir der Auffassung Eckeharts insoferne entge-
gen, als er dem „w i 11 e n“ eine zwiefache Stellung einräumt. Er
stellt ihn teils über, teils unter die Vernunft. Soweit der Wille für
sein Tun des Lichtes der Vernunft und des Verstandes bedarf, ist
er ihnen nachgeordnet. „Aber an der blozen eigenschaft da hat der
wille eine obenheit, da stet der wille in siner hoehsten edelkeit und
enfahet von dem obersten guote, daz got selber ist
4
“. Auf eine all-
gemeine Geisteslehre übertragen hieße dies: Sofern er unmittelbar
aus der Eingebung handelt, steht er über der zergliedernden Ver-
nunft, sofern er aber das durch sie Erkannte ausführt, ist er in
jenem nachgeordneten Sinne zu verstehen, in welchem Spann von
„Wollen und Handeln“ spricht. Darin aber kann sich der „Wille“
bei Meister Eckehart nicht erschöpfen.
Damit gelangen wir auch zu einem Verständnis des Satzes „der
wille enfahet glicheit des heiligen geistes
5
“. Über die göttlichen
Personen sagt Meister Eckehart: „Der Dinge ewiger Urquell ist
,der Vater', der Dinge Urbild in ihm ist ,der Sohn', und seine Liebe
1
Meister Eckhart, hrsg. v. Pfeiffer, S. 383.
2
Meister Eckhart, hrsg. v. Pfeiffer, S. 17.
3
Siehe oben S. 405.
4
Meister Eckhart, hrsg. v. Pfeiffer, S. 384.
5
Meister Eckhart, hrsg. v. Pfeiffer, S. 386.