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405

u r s p r ü n g l i c h e n

1

, welches in die uns bekannten Bewußt-

seinsschichten auseinandergelegt erscheint, wodurch die Geisteslehre

diesen Namen im eigentlich philosophischen Sinne freilich erst

verdient! Während die B e g i e r d e

(έπιθυμητικόν)

die Sinnlich-

keit ist, bedarf das

θυμοειδές

einer näheren Betrachtung,

(θυμός

ist Leben, Gemüt, Herz, aber auch Geist.) Es umfaßt alles

Geistursprüngliche in seiner Unmittelbarkeit. Das Muthafte, das

Gemüt (der Geist an sich) hat etwas Unmittelbares. Wenn es sich

— wie es muthaften und gemütbestimmten Menschen nicht selten

eigen ist — direkt in die Tat auswirkt, überspringt es, im Gegen-

satz zu dem die Eingebung gegenständlich erfassenden und sie aus-

einanderlegenden Denken und Gestalten, weitgehend (niemals

ganz!) die einzelnen Bewußtseinsstufen des Geistursprünglichen und

führt unvermittelt zum Handeln. Es entspringt also der Eingebung,

wirkt aber dennoch direkt im Wollen und Handeln. Es ist verwandt

mit dem, was in späteren Lehren (Aristoteles, Augustinus, Meister

Eckehart u. a.) als W i l l e bezeichnet wird, dem dort ebenfalls

Unmittelbarkeit bzw. ein Verbindendes von der obersten zur un-

tersten Bewußtseinsschichte des Geistes zukommt. Während der

Wille aber mehr dem „Wollen und Handeln“ zugeordnet ist, liegt

beim Mut- und Gemüthaften der Schwerpunkt, auf der innerlichen,

geistigen Seite.

Die viel stärker entfaltete Psychologie des Aristoteles

2

hat die

Vermögen der Seele durch den Begriff der S c h a u u n g s k r a f t

(

φαντασία

3

) erweitert. Doch weder diese geniale Einsicht noch

die Unterscheidung von

νούς ποιητικός

und

νούς παθητικός

führ-

ten zu einer echten Eingebungslehre hin, zu welcher auch die

S c h o l a s t i k , die sich um eine Vertiefung der Begriffe Intellectus

agens und Intellectus passivus bemühte, leider nicht zu gelangen

vermochte

4

.

1

Siehe oben S. 160.

2

Siehe oben S. 363 ff.

3

Statt der irreführenden

Übersetzung durch „Einbildungskraft“ betont

Spann, daß „Phantasmata“ im Griechischen „Erscheinungen“ bedeuten (Der

Schöpfungsgang des Geistes, S. 238).

4

Die weitere Ausgestaltung durch die von Aristoteles (wie von Platon im

Timaios) hinzugefügten Vermögen gehen nur in die Richtung der Sinnlichkeit

und können daher nicht als eine innere Bereicherung der Seelenlehre beurteilt

werden.