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tungen in Erscheinung tritt, welche die Diagonalen eines Wür-

fels bilden. (Denn die Endpunkte der Diagonalen werden zu

Ecken des Würfels, die vernachlässigten Richtungen zu Flächen.)

Vom Salzkristall durch den Bergkristall zum Diamanten, oder,

auf anderer Leiter, von den geneigtachsigen (triklinen und mo-

noklinen) Kristallsystemen über das hexagonale zum gleich-

achsigen (tesseralen) System s e h e n w i r i m m e r r e i c h e r e

i n n e r e R h y t h m e n i n i m m e r r e i c h e r e n

F o r m e n s i c h o f f e n b a r e n .

Solche wunderbare Einsicht folgt aus dem Begriffe der Ver-

räumlichung. Er ist es, der uns auf die intelligiblen, geistigen

Charaktere der Gestaltenwelt zurückführt.

/

Die Kristallbildung lehrt uns anschaulich, wie es in der

geheimen Werkstätte der Natur zugeht: Verräumlichung zur

Gestalt heißt das Geheimnis. Verräumlichung ist die ureigenste

Tat der Natur. Die Natur ist Tat und Wirken, Leben und

Leiden.

Steht nun am Beginne der Natur eine Bewegung, welche der

inneren Rhythmik des betreffenden immateriellen Naturwesens

entstammt, so liegt darin aber eine andere grundlegende Tat-

sache: daß das vorräumliche, immaterielle Wesen, das uns an

sich überhaupt nicht faßbar ist (logisch), z u e r s t eine be-

stimmte Zeitgestalt annimmt, um sie d a n n in Raumgestalt zu

übertragen — und zwar als in eine andere, fremde Ebene! Es

muß stets festgehalten werden, daß die R a u m g e s t a l t

n i c h t d a s E r g e b n i s d e r Ü b e r t r a g u n g v o n

g l e i c h e r E b e n e i n g l e i c h e E b e n e , s o n d e r n

d e r Ü b e r t r a g u n g i n e i n e a n d e r e S e i n s e b e n e

i s t , nämlich — durch Vermittlung der Zeitgestalt — von der vor-

räumlichen in die räumliche.

Der äußere Weg, den unsere Erfahrung geht, ist allerdings

ein umgekehrter. Wir haben zuerst nur die räumliche Gestalt

eines Dinges, z. B. eines Kristalls, vor uns. Wir beobachten

dann erst diese Gestalt während ihrer Bildung (wie es die

heutige Mineralogie mit ihren Hilfsmitteln vermag). Und wir

erfahren dabei, daß diese Gestaltbildung beim Anschießen des

Stoffes der Kristallösung durch Bevorzugung bestimmter Rich-

tungen geschieht. Wir erkennen endlich durch Rückschluß im

Hervortreten bestimmter Richtungen das Abbild der verschie-

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