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nicht ohne alles und jedes Eigenleben gedacht werden; also
auch nicht die Teile der Dinge als schlechthin selbstlos, darum
endlich auch nicht als schlechthin gleichartig (homogen). Auch
müßte dann die Natur aus lauter absolut amorphen Stoffen
bestehen, was aber ihre Daseinsfähigkeit ausschlösse. Denn das
Gestaltlose ist nicht. — Indessen muß man zugeben, daß die
Naturteile mit praktischem Erfolge in der Forschung oft so be-
handelt werden können, als ob sie selbstlos und gleichartig,
als ob sie ohne jede Eigenlebendigkeit und Selbstbestimmung
wären.
Daß die Selbstlosigkeit und Gleichartigkeit der Teile der
Naturdinge nur eine annähernde und keine schlechthinige ist,
wird auch daraus verständlich, daß die räumliche Trennung der
gesetzten Dinge und ihrer Teile kein völliges Außereinander,
kein völliges Ausstoßen und Entlassen zur Folge hat. Es zeigte
sich auch, daß das räumliche Außereinander doch an Stetigkeit
(an ein Kontinuum) gebunden ist. Dieses schließt aber ein Zu-
sammenbestehen, ein Miteinander der jeweils benachbarten, sich
berührenden Teilchen in sich. Dazu kommt noch ein anderes,
überräumliches Moment, das der Gestalt.
Stetigkeit und Gestalt nun beweisen das Uberräumliche
und Überstoffliche der Natur, beweisen einen überräumlichen
Setzungsgrund der Dinge, was ichlose Teile ausschließt. Wären
die Dinge und ihre Teile wirklich völlig ichlos, so müßten sie /
auch gegeneinander gleichgültig sein, was weder im physika-
lischen noch im chemischen Geschehen zutrifft.
Zusatz über die Wiederholbarkeit und Unwiederholbarkeit
der Natur
Trotzdem die Naturabläufe immer denselben Gesetzen folgen, sind sie in
ihren konkreten Beschaffenheiten dennoch unwiederholbar und einzig. Dieser
Umstand, den wohl niemand bestreiten wird, beweist aber, wenn man ihn ganz
bedenkt, daß auch die Naturteile nicht völlig selbstlos und gleichartig sein
können.
D e n n d u r c h a u s s e l b s t l o s i s t n u r d a s , w o j e d e r T e i l
f ü r a l l e a n d e r e n T e i l e s t e h e n k ö n n t e . Das ist in der Natur
oft annähernd, aber nirgends absolut der Fall. Wäre es der Fall, so schlösse es
die Unwiederholbarkeit des Naturgeschehens aus, die aber tatsächlich besteht.
Kein Ding gleicht dem andern in allem, sogar unter den Kristallen und Mine-
ralien gleicher Art ist bekanntlich kein Kristall, kein Mineral dem anderen völlig
gleich, was sich unter anderem daran zeigt, daß man Kristalle, Mineralien
und Erden nach dem Fundorte zu erkennen und zu bestimmen pflegt, auch die