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verstehen wir auch die empirisch gegebene Untrennbarkeit des
Chemismus, des Elektromagnetismus und der Wärme vom physio-
logischen Organismus.
Erkennen wir nun auch, daß die wesenseigenen Eigenschaften
dem Naturgrunde näher stehen als der Raum, der das Ende der
Wege der Natur ist — das Wesen der dem Leben zugewandten
Natureigenschaften zu erklären ist uns doch ebensowenig mög-
lich wie den Raum zu erklären. Der Raum ist eine Urtatsache,
und die Natureigenschaften der Wärme, des Magnetismus, der
Elektrizität, des Lichtes, der Strahlungen, des Chemismus, der
Radioaktivität sind ebenso Urtatsachen.
Nur vom Standpunkte der S i n n e s e m p f i n d u n g aus läßt sich diesen
Urtatsachen noch näher kommen. Doch würden wir späteren Zusammenhängen
vorgreifen, wenn wir jetzt schon darauf eingingen
1
.
b. V e r s u c h e i n e r n ä h e r e n B e s t i m m u n g
d e r w e s e n s e i g e n e n E i g e n s c h a f t e n
Gibt es eine Möglichkeit, dem Wesen, der Eigenart der
wesenseigenen Natureigenschaften (Chemismus, Wärme, Elek-
tromagnetismus) irgendwie näherzukommen und von da aus
ihre Stellung untereinander, schließlich ihre Vorrangverhältnisse
wenigstens teilweise zu erkennen? /
Die erste Voraussetzung dafür ist, daß die Eigenschaften als
ursprüngliche, als nicht aufeinander zurückführbare betrachtet
werden, daß sie also nicht von der Bewegung kleinster Teilchen
oder in anderer Weise voneinander abgeleitet werden. Die alte
Physik nahm bekanntlich einfach die Bewegung der Atome als
letzte Grundtatsache aller jener Eigenschaften an, die man nach
ihrer Meinung fälschlich (fälschlich infolge der von dieser Physik
behaupteten „Subjektivität der Sinnesqualitäten“) für eigene
Naturqualitäten hielt. Nachdem dieser oberflächliche, er-
schreckend geistlose Naturbegriff das ganze 19. Jahrhundert
hindurch mit unglaublicher Begeisterung gegen die tiefere Auf-
fassung der Naturphilosophie Schellings, Baaders, Goethes,
Novalis’, Hegels und ihrer zahlreichen Nachfolger verfochten
wurde, erkennt nun die heutige Physik auch die empirische
Unhaltbarkeit einer solchen Plattheit an, versucht jedoch eine
andere „Zurückführung aller Qualität auf Quantität“, indem sie
1
Vgl. unten S. 232ff.