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eine Vermittlung durch höhere Einheiten von größter Beständig-
keit bei zugleich geringstem Eigenleben der Teile. Daher kann
man die Einheiten weitgehend in der größenmäßigen Darstellung
der Naturvorgänge vernachlässigen.
Grundsätzlich der gleiche Tatbestand zeigt sich bei der an-
geblich m e c h a n i s c h e n U r s ä c h l i c h k e i t der Natur-
vorgänge
1
. Nach dem Begriffe der mechanischen Ursächlichkeit
werden die Naturgeschehnisse nur in ihrer Abfolge an sich be-
trachtet, ohne einen sinnvollen Zusammenhang und ohne ver-
borgene „bewirkende Kräfte“ (z. B. nach der Art der An-
strengung bei Ausübung der Muskelkraft) gedacht. Die Fest-
stellung „Auf das Ereignis A folgt das Ereignis B“ ist der
Ausgangspunkt; und die Darstellung dieser Abfolge nach men-
genhaften Merkzeichen (quantitativen Indizes) gibt schließlich
die Regelmäßigkeit, das sogenannte N a t u r g e s e t z , / das
heißt die „mechanische Ursächlichkeit“ an, nach der das Ge-
schehen bestimmt ist.
Dieses von der neuzeitlichen Physik mit größtem Erfolge aus-
gebildete Verfahren ist aber in Wahrheit ebenfalls nur eine
„U n t e r s t e l l u n g a l s o b“, es bezeichnet nicht das Wesen
der Natur. Was sich schon in einem anderen Zusammenhange
ergab, bestätigt sich hier abermals: Nur die B e s t ä n d i g -
k e i t d e r a u s d e m i m m a t e r i e l l e n G r u n d e d e r
N a t u r h e r v o r b r e c h e n d e n S e t z u n g e n e r l a u b t
e s , d i e N a t u r s o z u b e t r a c h t e n , „ a l s o b “ s i e
m i t m e c h a n i s c h e r N o t w e n d i g k e i t v o l l z o g e n
w ü r d e n . Diese „Als-ob-Betrachtung“ ist nur deshalb möglich, weil
es sich bei der Natur nicht um eine im menschlichen Sinne
denkende, willkürlich sich setzende Ganzheit handelt, sondern
um eine sich in räumlicher Vermittelung setzende, eine Ganzheit
fernerer Ordnung.
Ebensowenig also, das ist unser Ergebnis, wie es eine me-
chanische Ursächlichkeit (Kausalität) im strengen Sinne des
1
Wir sprechen hier von der alten Schule; die angeblich bloß „statistische”
Ursächlichkeit der Naturvorgänge, von denen Boltzmann und die Quanten-
theorie sprechen, mag ein praktischer Behelf des Verfahrens sein, theoretisch
aber kann sie nicht zum Begriffe der Uneindeutigkeit führen. Denn Wahrschein-
lichkeiten und statistische Durchschnitte ergeben sich ihrem Begriffe nach nur
bei vorausgesetzter Eindeutigkeit der zugrunde liegenden, nicht genau bekannten
u r s ä c h l i c h e n Gesetzmäßigkeiten.