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während des Stoßes die Sonne ihre Bahn oder ihre Masse

plötzlich ändern, so würden die Bewegungen und Resultanten

der Billardkugeln ganz anders verlaufen als sich bei normalem

Bestande des Schwerkraftfeldes berechnen ließ. An diesem Bei-

spiele erkennen wir den wahren Sachverhalt: Nur weil diejenigen

Einheiten, welche die jeweiligen Teilwirkungen und Teilvor-

gänge überhöhen, stets als b e s t ä n d i g e , als eindeutig ge-

gebene stillschweigend vorausgesetzt werden, ist es möglich, die

einzelnen Teilvorgänge der Natur so zu betrachten, als ob die

anderen, besonders die überhöhenden Einheiten nicht beständen

und die jeweils betrachteten Vorgänge isoliertes Dasein hätten.

Es ist also eine „ B e t r a c h t u n g a l s o b “ , die hier an-

gewendet wird, kein Wesensgrundsatz, kein „konstitutiver“

Grundsatz des Verfahrens. Die Annahme unvermittelter Wir-

kung der Teile aufeinander ist nur eine Unterstellung, sie er-

schöpft das Wesen der Naturvorgänge nicht.

Daß diese Unterstellung trotzdem praktisch möglich und

fruchtbar ist, während das auf geistig-gesellschaftlichem Gebiete

nicht der Fall ist — der Individualismus als Verfahren ist in

allen Geistes- und Gesellschaftswissenschaften gescheitert

1

—,

bedarf / allerdings der Erklärung. Das Entscheidende ist, daß

die immateriellen Naturmächte sich verräumlichen und bei

dieser Verräumlichung annähernd selbstlose und gleichartige

Teile setzen. Die strenge Einheit, die dieser annähernden Selbst-

losigkeit und Gleichartigkeit der Teile entspricht, bringt auch

die große Beständigkeit, die annähernde Eindeutigkeit aller

Setzungsweisen und Wirkungen der Teile wie der Gesamt-

heiten mit sich. Und d a r u m k a n n d i e W i r k u n g s -

w e i s e d e r T e i l e j e n e d e r G e s a m t h e i t e n p r a k -

t i s c h v e r t r e t e n . Weil das Schwerkraftfeld beständig

bleibt, kann man praktisch den Stoß der Billardkugel so be-

trachten, als ob eine unvermittelte Einwirkung der einen Be-

wegungsenergie auf die andere stattfände. Nicht eine unver-

mittelte Beziehung der Teile aufeinander findet statt, sondern

1

Vgl. Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 87ff. und 570f. — Tote und

lebendige Wissenschaft, 4. Aufl., Jena 1935, S. 25f., 47f., 361ff. und 370ff. — Haupt-

theorien der Volkswirtschaftslehre, 25. Aufl., Heidelberg 1949, S. 62ff., 86ff. und

96ff. — Fundament der Volkswirtschaftslehre, 4. Aufl., Jena 1929, S. 189ff. —

Gesellschaftsphilosophie, München 1928, S. 74f. — Erkenne Dich selbst, Jena

1935, S. 9ff„ 80ff., 413ff. und 423ff.

14 Spann, 15