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noch nicht verräumlicht, sondern nur die Grundlage der Ver-

räumlichung. Der Rhythmus soll im Raume erst eine Ent-

sprechung finden. Darum wird das, was der Zeitgestalt in der

Empfindung entspricht, etwas anderes sein, als was der Raum-

gestalt entspricht; und es wird auch gleichsam unwirklich sein

müssen, obgleich Natur, doch nicht eine räumliche Wirklichkeit.

Diese Empfindung ist der T o n . Wie das Sehen aus dem

Raume, so folgt das Hören aus der Zeit. Die Zeitfolge des Ge-

schehens erfordert ihrem Wesen nach den Ton. Ton ist Rhyth-

mik, Zeitfolge, Zeitgestalt.

Der Ton ist die Offenbarung der Zeit und ihrer Rhythmik.

Die Zeitlichkeit des Naturgeschehens will offenbar werden im

Hören. Gleichwie das Licht die Offenbarung der Gestalt und /

die gegenständliche Seite des Sehens, ist der Ton (Schall) die

Offenbarung der Zeitfolge und die gegenständliche Seite des

Hörens. Der Raum fordert das Sehen, die Zeit fordert das

Hören. Darum ist die Gehörempfindung so jenseitig, über der

Natur und doch rein Natur.

Der Weltgeist sieht und leuchtet, der Weltgeist hört und

tönt. Das eine in seiner Räumlichkeit, das andere in seiner Zeit-

lichkeit. Die Räumlichkeit der Natur führt zu Licht und Sehen,

die Zeitlichkeit der Natur führt zu Ton und Hören.

Z e i t i s t d i e O b j e k t i v i t ä t d e s H ö r e n s , H ö -

r e n i s t d i e S u b j e k t i v i t ä t d e r Z e i t .

Wie Licht überall ist, wo Raum, muß auch Klang überall sein,

wo Zeit, wo Geschehen in der Natur ist.

Der Ton als Anzeichen der Innerlichkeit des Naturgeschehens

muß auch eine äußere Erscheinungsform haben, und zwar steht

hierfür nur die schon fertige, die schon verräumlichte Natur zur

Verfügung, da ja Zeitfolge, Rhythmik, allein noch nicht Natur

ist. Die äußere Erscheinungsform des Tones ist bekanntlich in

den elastischen Luftschwingungen gegeben, also Mechanismus.

Ob freilich diese äußere Mechanik das Ganze der Erscheinungs-

form erschöpft, mag dahingestellt bleiben. Wäre es denn aus-

geschlossen, daß der rasche Wechsel von Verdünnungen und

Verdichtungen der Luft noch andere Natureigenschaften weckte?

Dafür spricht vielleicht der Umstand, daß Töne hypnotisierend

wirken. Die äußere Wellenbewegung der Luft allein (das Er-

zittern) kann das doch nicht erklären. Auch die bekannte Er-