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Wärme eine hervorragende Stellung im Haushalte der Natur
selbst einnimmt. Überall, wo Materie ist, ist auch Wärme, und
von ihr vornehmlich hängt Gestalt und Aggregatzustand der
Körper ab; vor allem aber tritt ihre Lebensverwandtschaft her-
vor, sie verleiht den anorganischen Naturdingen die Eignung,
den Zwecken des Lebens zu dienen. Neben dem Lichte hat die
Wärme die größte Bedeutung für das Leben. Als reiner Tat-
sachenbefund ergibt sich: Licht und Wärme sind die Binde-
glieder zwischen der anorganischen Natur und dem Leben.
Während aber das Licht aus dem Wesen von Raum und Ge-
stalt gefordert wird und seine Lebensbezogenheit uns zugleich
die allgemeine Hinordnung der anorganischen Welt zum Leben
bezeugt; läßt sich die Wärme aus den Erfordernissen der ver-
räumlichten Natur nicht in gleich einsichtiger Weise herleiten.
Wir fanden sie früher im Einheitsbezuge gegen die selbstischen
(kalten) Teile. Dazu fügt sich die, ebenfalls schon begründete,
Entsprechung zum Geiste, die wir in der Hingabe, in der Liebe
fanden. Dieser Vergleich ist übrigens uralt und auch der Sprache
vertraut. Allerdings hat der Klang diesen Vergleich mit der
Wärme gemeinsam, da der Klang ebenfalls die Seele ausspricht.
— Ein solcher Vergleich würde übrigens nicht viel bedeuten und
geht über ein bloßes Bild nicht hinaus, solange die wesenhafte
Entsprechung im Haushalte der verräumlichten Natur selbst
nicht gefunden ist.
Wenn wir in dem oben erläuterten Sinne sagen können: die
Zeit tönt, der Raum leuchtet; so können wir also nicht mit
gleicher Einfachheit sagen: die Materie wärmt; das hieße: sie
vereinheitlicht sich, die Vereinheitlichung tritt als Wärme her-
vor. Denn diese Vereinheitlichung ist (auch wenn wir sie als /
Entsprechung der Liebe fassen) nicht so durchsichtig wie Zeit
und Raum. Einen gleichen Satz für die Wärme könnten wir
nur aussprechen, wenn wir eine ähnliche Grundform des natür-
lichen Seins für sie anzuführen vermöchten wie Zeit und Raum.