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als höchsten Preis, das mystische Licht, die S e l b s t v e r b r e n -
n u n g des Herakles (nämlich im inneren, mystischen Feuer), in
welcher die Erlangung des Lichtes zugleich die Wiedergeburt an-
zeigt, der aus den Flammen geborene P h ö n i x , in dessen Begriff
ebenfalls die innere Erneuerung, Wiedergeburt (im mystischen Licht)
liegt — sie alle sind exoterische Verkleidungen eines und desselben
esoterischen Geschehens. Auch das L e u c h t e n d e s O d y s s e u s ,
als Zeichen einer erlangten hohen mystischen Vollendung deutet auf
dasselbe hin. Heißt es doch in der Odyssee
1
von ihm:
„Völlig scheint mir an jenem ein Glanz wie der Fackel zu schimmern
Oben vom Haupt, auf dem kein einziges Härchen zu seh’n ist.“
Daß die S o n n e ein exoterisches Bild Gottes sei, zeigte sich
schon wiederholt und bezeugt unter anderem Platons Höhlengleich-
nis; begreiflich, denn die Sonne ist der Mittelpunkt des Himmels
nach dem anschaulichen (nicht dem Kopernikanischen) Weltbild und
von ihr strahlt alles Leben aus. Aber die Sonne stellt darüber hinaus
auch die mystische Erleuchtung dar, das Licht, welches dem / Mysti-
ker in der Ekstase aufgeht. — Ähnlich wird die Ideenschau oder Er-
leuchtung von Platon im 7. Brief
2
als ein „ s p r i n g e n d e s
F e u e r “ bezeichnet, welches ein Licht entzündet und, in der Seele
erzeugt, sich von sich selbst nährt.
Den R a u b d e s h i m m l i s c h e n F e u e r s u n d L i c h -
t e s durch den Mystiker versinnbildlicht Prometheus. Der zur my-
stischen Erleuchtung gekommene Mensch ist es, welcher der Gott-
heit das Feuer raubt und welcher von seinen sinnlichen Fesseln und
seinem, an der Leber zehrenden Geier (Leidenschaften) durch
Herakles, den Helden der Arbeit (hier der Arbeit an sich selbst)
befreit wird — ja, er stürzt die Gottheit (Zeus) indem er in ihr
Reich eindringt, sich selbst vergottet (Einheit des Menschen mit
Gott als mystische Kategorie). — Ohne diese exoterische Einklei-
dung finden wir dieselbe Lehre bei den Indern. In ihrer Mythologie
z i t t e r t die Gottheit vor dem in der mystischen Erleuchtung weit
fortgeschrittenen Yogin.
G o l d ist eine Entsprechung der Sonne auf der Mineralstufe.
1
18, 349 f.
2
Platon: 7. Brief, 341 d.