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Charakter. Heute ist sie eine rein weltliche Feier. Ihrem esoterischen

Sinn nach gilt sie aber dem Genius. Die Feier des N a m e n s -

t a g e s hat heute noch in der katholischen Kirche insofern einen

verwandten Sinn, als sie dem Heiligen gilt, welcher der Patron des

Feiernden ist, also gleichsam sein Schutzgeist. Dem entspricht es, daß

die Feier z. B. im alten Rom mit einem sakralen Brauch, dem An-

zünden von Lichtern verbunden war, wie übrigens noch heute bei

uns.

Auch vieles andere, was sich als bloße Äußerlichkeit darzustellen

scheint, hat in den Mythologien einen esoterischen Hintergrund.

Exoterisch ist z. B. das S i c h u m w e n d e n , das in mehreren

Mythen vorkommt. Es bedeutet den Rückfall von erlangter mysti-

scher Höhe. Daher verliert Orpheus die Macht über den Tod als er

auf die Klage der Eurydike, die Stimme des Lebens, hört und sich

zurückwendet. Er kann Eurydike der Unterwelt nur entreißen ohne

ihrer Stimme zu folgen, ihr Antlitz zu sehen, das heißt ohne der

Materie zu verfallen. So wird auch Lots Weib zur Salzsäule (sinkt

ins Materielle hinab), als sie sich nach der Stätte des Lasters umsieht.

— Ein exoterisches Bild ist auch die Entstehung der Aphrodite aus

dem S c h a u m d e s M e e r e s und dem Samen der Gottheit. Die

Urwasser nämlich sind die Lebenswasser, daher nach T h a l e s aus

dem Wasser alles entstand — was also nicht naturwissenschaftlich,

nicht als Wasser im gewöhnlichen Sinn verstanden werden darf. Aus

dem Schaum, das heißt der Essenz, dem Feinsten des Lebenswassers,

entsteht die zeugende Liebe, welche das Leben gibt, wenn göttlicher

Geist sie weckt. Sogar die T e m p e l h i e r o d u l e n und die

Phallusverehrung mag in der mystischen Natur des Zeugungs- /

Vorganges eine esoterische Komponente haben. Freilich kann hier

von eigentlicher Exoterik nicht mehr gesprochen werden, da sie

durch rohe Sinnlichkeit aufgezehrt und die göttliche Verehrung des

Geheimnisses geschändet erscheint.

Wir wenden uns nun jenen Bildern zu, welche den i n n e r e n

W e g d e s M y s t i k e r s andeuten.

Da sind zunächst die vielen H a d e s f a h r t e n in den ver-

schiedenen Mythologien; die Hadesfahrt des Odysseus, des Orpheus,

des Herakles, des Jason (welcher nach einer Sage von einem Drachen

verschluckt und ausgespien wird, was auch eine Hadesfahrt darstellt),

der Istar, Siegfrieds Abstieg zu den Nibelungen — sie alle deuten auf