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331

D.

P o l y t h e i s m u s u n d M o n o t h e i s m u s i m

b e s o n d e r e n

W a h r i s t d e r M o n o t h e i s m u s .

Die Wahrheit des Monotheismus brauchen wir nach allem Vor-

ausgegangenen nicht mehr auseinanderzusetzen, ebensowenig, daß

sie keineswegs jede Wahrheit des Polytheismus ausschließe.

Ist die Magie die Grundlage der polytheistischen Religionen, so

folgt daraus: Sofern die Magie einen Wahrheitsgehalt hat, haben

ihn auch die polytheistischen Religionen, kurz gesagt: W a h r

s i n d d i e E l e m e n t e d e s P o l y t h e i s m u s .

Der moderne Unglaube versuchte bekanntlich des öfteren, zum

Heidentum zurückzukehren, und die Poesie verwertete stets die

Bilder der Mythologien. Schon daraus ergibt sich, daß die mytholo-

gischen Religionen gewisse Vorzüge haben müssen. Wir heben als

solche hervor:

1.

Die früher erklärte relative Wahrheit der Verehrung übersinn-

licher Geistes- und Naturmächte und die darin liegende Durchwirkt-

heit von Leben und Natur mit transzendenten Mächten; vor allem

aber

2.

die, von abstrakt-monotheistischen Religionen unerreichbare

K o n k r e t h e i t u n d L e b e n s n ä h e der göttlichen Mächte. In

dieser liegt eine unvergleichliche Stärke jeder mythologischen Reli-

gion als unmittelbarer L e b e n s m a c h t . Wo die göttlichen

Mächte konkret, nahe, allwirksam gegeben sind, z. B. in einem zu

verehrenden und zu fürchtenden Flußgott, Gewittergott, Liebes-

gott, Rächer der Gerechtigkeit, Stammesgott — da ist auch das Ver-

hältnis des Menschen zu ihnen ein lebendiges und gleichsam hand-

festes; daher sind sie stets auch ganz bestimmte kon- / krete Lebens-

mächte. Darum sehen wir die trotzigsten Helden der Urzeit sich vor

den Göttern beugen, sehen wir sie den Bergen, Strömen, Seen, Stür-

men, Siegverleihern, Schicksalsmächten opfern, sie anrufen und be-

schwören.

Da die himmlischen wie die chthonischen Mächte im Polytheis-

mus dem Menschen unmittelbar gegenwärtig sind, greifen sie auch

in das Leben der Menschen ein. „ A l l e s i s t m i t G ö t t e r n

e r f ü l l t “ , sagte Thaies. Daher auch hier — eine Einsicht von

großer Bedeutung — A t h e i s m u s unmöglich ist! — zum min-