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Wahrheit in der Geschichte der menschlichen Wissenschaften. In der
nur halben Erfülltheit vom Gegenstande die Quelle aller Halbwahr-
heiten und Irrtümer, die Quelle der Oberflächenwahrheiten. Die
Oberflächenwahrheiten sind nicht ganz unrichtig, unrichtig aber ist,
daß sie die inneren, die Wesens Wahrheiten des Gegenstandes auf-
deckten. (Im Anhange zu meinen „Haupttheorien“: Wie studiert
man Volkswirtschaftslehre? führte ich das an Beispielen näher aus
1
.)
Das reine Erfülltsein vom Gegenstande ist auch an eine s i t t -
l i c h e Voraussetzung gebunden: es muß um seiner selbst willen
erstrebt werden. Bloßer Ehrgeiz wird sich gerne vorschnell in Un-
ausgereiftem und Paradoxem ergehen; bloße Geschäftigkeit und
Streben nach äußerem Vorteile im Oberflächlichen steckenbleiben.
Zu einer Eingebung im wahren Sinne des Wortes kann es in beiden
Fällen nicht kommen. Hier liegt meistens eine geschickt getarnte
Entlehnung vor, die aber im verarbeitenden Denken leicht mehr
entstellt als wirklich fruchtbar gemacht wird. Nur der redliche Den-
ker kann ein Spiegel der Wahrheit werden. Das wissenschaftliche
Denken hat durchaus seine sittliche Seite, wie sich ja schon in ver-
schiedenen Zusammenhängen zeigte.
Zuletzt verraten wir dem Jünger noch ein äußeres Merkzeichen
leidlich erlangter Sammlung: Der wahrheitssuchende Forscher muß
von seinem Gegenstande / t r ä u m e n ! Dies ist meistens das Min-
destmaß an Sammlung, bei dem die Eingebung erwachen und her-
vortreten kann. Das Träumen erst beweist, daß der Geist des For-
schers von seinem Ziele ganz beherrscht, beseelt werde, daß der Ge-
genstand vom Geiste Besitz ergriff. Kann man sich auch einen Er-
finder, Staatsmann oder gar einen Künstler vorstellen, der nicht Tag
und Nacht seinem Ziele zustrebte? — bis das Zauberwort in ihm
aufgeht, welches das Lied in seinen Dingen erklingen macht. Man
betrachte daraufhin die Lebensgeschichte und Werke großer Mei-
ster, so Michelangelos, Leonardos, Shakespeares, Goethes, Schillers,
Mozarts ebenso wie die der großen Philosophen und Gelehrten, z.
B. Meister Eckeharts, um zu erkennen, daß sie alle nur durch die
größte Sammlung und Versenkung schaffen konnten, was sie schu-
fen. Die kindliche Art der Briefe Mozarts ist z. B. nichts anderes
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Vgl. mein Buch: Die Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre, 28. Aufl.,
Graz 1969, S. 247 ff.