Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7703 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7703 / 9133 Next Page
Page Background

[413/414]

293

als ein fortlaufender Beweis dafür, daß er durchaus und immer in

seinen großen Schöpfungen lebte und sich auf anderes schlechthin

nicht einlassen konnte — mit winzigen Ausnahmen, in denen er

dann als genialer Denker hervortritt.

Die Ermahnung zur Sammlung ist das letzte Wort, das die Logik

dem Jünger der Wissenschaften mit auf den Weg gibt.

Zum Beschlusse

Wir durchschritten die geheimnisvollen Pfade, die der Geist beim

Denken der Wahrheit geht. Wir folgten ihnen durch die Außen-

werke des Geistes, die Sinnesempfindung, drangen bis zu den logi-

schen Grundsätzen vor, welche wieder auf Selbstsetzung und /

Selbstentgegensetzung zurückführen, bis wir zuletzt auf den

ersten Ursprung des Denkens der Wahrheit stießen, die Eingebung.

Nächst der Selbstsetzung und Selbstentgegensetzung ist es die

Eingebung, welche uns vor allem die Hoheit des Denkens verstehen

lehrt. In ihr sehen wir die Quellen der intelligiblen Welt fließen, sie

ist es, welche uns den übersinnlichen Ursprung des Denkens der

Wahrheit bezeugt; aus ihr verstehen wir die Einheit von Denken

und Sein, aus ihr mit einem Worte die G ö t t l i c h k e i t d e s

D e n k e n s d e r W a h r h e i t .

Die Eingebung ist nichts Geringeres als eine Erweckung der Ideen-

welt im Menschen. Und so erweist sich der Mensch als I d e e n -

f ü h r e r ! Der hohen Würde des Menschen entspricht die Hoheit

des Denkens.

Hiervon will nun unsere Zeit nichts wissen. Sie hält das für über-

schwenglich. Allein das Denken, so lehren Selbstsetzung, Selbstent-

gegensetzung und Eingebung übereinstimmend, ist kein Werk der

Naturkräfte und aus diesen niemals zu begreifen. Das Denken der

Wahrheit hat es an sich, auf die Ideenwelt, die Welt der göttlichen

Gedanken, zurückzugehen. Es wurzelt in jener Kraft des göttlichen

Geistes, aus welcher die Schöpfung entspringt und als ein Samen in

allen Dingen wohnt. Aus der so begriffenen Göttlichkeit des Den-

kens verstehen und besiegeln wir das sonst dunkle Wort Meister

Eckeharts

1

:

„Die Wahrheit ist gleichsam der Weg Gottes zum inneren Men-

schen. “

/

1

Meister Eckehart: Sermones de tempore, Die lateinischen Werke, Bd 4, hrsg.

von Ernst Benz, Stuttgart 1937, S. 75.