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Physik und Chemie die Frage an die Natur und diese seine theore-
tische Seite bildet ebenso wie dort den Übergang zur t h e o r e t i -
s c h e n B i o l o g i e .
D i e B e s o n d e r h e i t aller dieser technischen Verfahren liegt
an den äußeren Eigenschaften des Stoffes: Daß man in Archiven
Auszüge aus Urkunden macht, ihre Echtheit usw. prüft, daß man
in der Physik Versuche macht, welche mit feinsten Geräten reine
Naturerscheinungen hervorbringen sollen (und ähnlich in den an-
deren Naturwissenschaften), daß man in den biologischen Wissen-
schaften die physischen Bedingungen des Lebens nach Art der Phy-
sik ändert —- das alles ist durch die stofflich-technische Eigenart des
Gegenstandes bedingt. Es berührt also die Verfahrenlehre als Teil
der Logik nicht. Dagegen sehen wir im gedanklichen Kerne aller
dieser, technisch so verschiedenen Verfahren völlige E i n h e i t :
ohne eine D e n k a u f g a b e zu verfolgen, eine F r a g e zu stel-
len, kann weder eine naturwissenschaftliche Versuchsanordnung ge-
macht noch eine archivalische Quellenarbeit geplant werden (denn
der Quellenstoff muß ausgesucht werden). Dort sind es die Natur-
zusammenhänge, hier die / Geschichtszusammenhänge, von denen
der Forscher ausgehen muß. Die D e n k a u f g a b e also ist es, die
hier wie dort dem Verfahren erst Sinn und Gestalt gibt. Allerdings
wurde manches auch schon durch Zufall gefunden, z. B. die Rönt-
genstrahlen, also ohne Verfahren. Aber selbst dieser Grenzfall ver-
langt das Erkennen und die Eingliederung des Gefundenen in das
schon vorhandene theoretische Wissen, also die Stellung und Lösung
einer Denkaufgabe.
Wie steht es nun mit den G e i s t e s w i s s e n s c h a f t e n ?
Da der Geist stets irgendwie verstofflicht ist, kann das Technische
ebenfalls nicht ganz fehlen. Doch tritt es hier allerdings an den
Rand. In der Gesellschafts-, Rechts- und Staatslehre kämen etwa
Reisen in Frage, welche eine lebendige Anschauung anderer Kultu-
ren und Staaten vermitteln; in der Völkerkunde der Aufenthalt
bei den Wilden unter Anwendung gewisser Techniken, so der Licht-
bild- und Schallplattenaufnahmen und dergleichen. In der Volks-
wirtschaftslehre wäre die Besichtigung von Betrieben und die Kennt-
nisnahme von ihrer Technik ebenfalls ein Analogon zur physikali-
schen Versuchstechnik.
Gehen wir nun die einzelnen Geisteswissenschaften durch, so