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umfassendes metaphysisches Konzept, das mit schöpferischer Kraft
die platonische Ideenlehre, den aristotelischen Hylomorphismus und
die Kategorienlehren des deutschen Idealismus zu neuer Einheit ver-
bindet. Bei aller Traditionsverbundenheit ist diese ganzheitliche Ka-
tegorienlehre doch Spanns eigenste große schöpferische Leistung.
Was Spann 1923 mit seiner Kategorienlehre grundgelegt hatte,
fand nach dem Zweiten Weltkrieg seine Vollendung in seiner
G a n z h e i t l i c h e n L o g i k . 1920 hatte Hans Driesch im
Schlußteil seiner „Philosophie des Organischen“ das Verhältnis des
Begriffs zu seinen Merkmalen als ganzheitlich bezeichnet
1
, und da-
mit ganzheitliche Ordnung im zentralen Bereich des Logischen fest-
gestellt. Seither wurden mannigfache Versuche, eine ganzheitliche
Logik zu schaffen, angekündigt und unternommen.
Othmar Spann entwickelte die Grundlagen einer solchen Logik
schon 1928 in seinem Aufsatz: „ Z u r G r u n d l e g u n g e i n e r
g a n z h e i t l i c h e n L o g i k . Uber die Einheit von Theorie und
Geschichte“ (zuerst erschienen in der Below-Gedächtnisschrift, Ber-
lin 1928, S. 303 ff.; dann zum Teil erweitert in „Kämpfende Wis-
senschaft“, Jena 1934, Seite 143—178, nun in Band 7 der Othmar
Spann-Gesamtausgabe: „Kämpfende Wissenschaft“, Graz 1969, Seite
203—252). Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam Spann dem
ständigen Drängen seines Freundes, Universitätsprofessor Dr. Hans
Riehl nach, das „entfaltete Lehrgebäude einer ganzheitlichen Lo-
gik"
2
darzulegen und zu veröffentlichen. Das Werk wurde in der
Zeit von November 1946 bis Oktober 1947 als Grundlage von Vor-
lesungen über „ L o g i k , a u f d e m G r u n d d e r g a n z h e i t -
l i c h e n K a t e g o r i e n l e h r e “ niedergeschrieben, die im
Sommer 1947 gehalten wurden. Über diese Vorlesungen schrieb
Spann an seinen Freund Riehl: „Ich hatte auch Gelegenheit, die
Wirkung meiner Logik zu erproben“
3
. In unermüdlicher und auf-
opferungsvoller Arbeit gelang es Professor Dr. Walter Heinrich
dieses, neben der „Kategorienlehre“ und dem „Schöpfungsgang des
Geistes“ bedeutendste philosophische Werk Spanns, zehn Jahre
nach seiner Vollendung der Drucklegung zuzuführen.
1
Hans Driesch: Philosophie des Organischen, Leipzig 1928, S. 366.
2
Siehe oben S. 4.
3
Siehe oben S. 3—5.