Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7813 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7813 / 9133 Next Page
Page Background

59

Gleiche besagt die häufige Wendung Eckeharts, daß der Mensch

„von Gnade“ das sei, was Gott von Natur.

Dazu stimmt endlich auch die meistens zurückhaltendere Aus-

drucksweise Eckeharts in den lateinischen Predigten, z. B.:

„Bemerke, daß wir auf i r g e n d e i n e W e i s e etwas von Gott sind und

in ihm. — Nota q u o m o d o sumus aliquid dei et in ipso.“

1

Ferner:

„ . .. daß auf irgendeine Weise Gott und Seele ein unteilbares Eins-Sein wird

— quomodo fit —.“

2

Nachdrücklich ist unseres Erachtens hier auch auf die bei Pfeiffer

in Predigt 74 enthaltene Selbstverteidigung hinzuweisen:

„Und etlîche pfaffen die verstênt des niht, daz etwaz sî, daz gote also sippe ist

und alsô ein ist. . .. unde disem (Fünklein) ist verre unde vremde alliu geschaffen-

heit und alliu schepflicheit.“

3

Also auch hier dasselbe Bild wie in der Rechtfertigungsschrifl: das

Fünklein ist Gotte „sippe“; und diese Sippeschaft schließt in sich,

daß es „auf irgendeine Weise“ (quomodo) „über alle Geschaffen-

heit“, daß es also im analogen Sinne „ungeschaffen" sei!

Mit diesem „quomodo“ = „quasi“ stimmt auch eine andere wichtige Stelle

überein:

„Ich meine allez diz wörtelîn ,quasi“, daz heizet ,als“, unde diz ist, daz ich in

allen mînen bredien meine.“

4

Die Empfänglichkeit des Fünkleins für Gott stellt Meister Ecke-

hart nirgends in Abrede, nimmt er nirgends zurück! Diese Empfäng-

lichkeit ist aber der eigentliche Zeuge der „Sippeschaft" und der

Grund aller weiteren Folgerungen.

Mit all dem stimmt die schon angezogene Stelle im Baseler Druck

von 1521/22, welche wohl die einfachste Auflösung aller Schwierig-

keiten gibt. Es heißt dort: Die Seele ist ein Wort Gottes; aber kein

selbstlautendes, sondern ein m i t l a u t e n d e s Wort (fol. 288).

Dasselbe sagen die unten angeführten Stellen über den Menschen

als „Beiwort“.

1

B 90 und öfter „quomodo“.

2

B 111.

3

Pf. 234, 37: Manche Pfaffen aber verstehen das nicht, daß es etwas geben

soll, was Gott so verwandt und so eins (mit Gott) ist. . . jenem aber (dem

Fünklein) ist alle Geschaffenheit und alle Erschaffbarkeit fern und fremd.

4

Pf. 271, 9: Ich richte mein Augenmerk nun auf das Wörtlein ,quasi“, das

heißt, .gleichwie“, und dies ist es, auf das ich’s in allen meinen Predigten abgese-

hen habe.