Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7816 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7816 / 9133 Next Page
Page Background

62

S e e l e s e i n , etwas, was dem Übersinnlichen „alsô sippe“ ist, daß

es fähig sei, es zu erfahren! So werden wir notwendig auf den Seelen-

Grund gewiesen — das „Fünklein“, welches allein zur Einheit mit

dem Übersinnlichen führt.

Nicht leere Erdichtung, sondern sichere innere Erfahrung und

dazu der größte Tiefblick des Denkens, dessen Geist und Herz fähig

sind, ist es, was sich in Eckeharts großer Lehre vom Fünklein be-

zeugt.

III.

Das Fünklein im Begriffszusammenhange der

Eckehartischen Philosophie

Je mehr man sich in die begriffliche Seite der Philosophie Ecke-

harts versenkt, umso mehr tritt die grundlegende Bedeutung seines

Begriffes des Seelengrundes hervor.

Alle Mystik kennt die göttliche Erleuchtung und Einigung der

Seele, aber keine sprach es so klar wie Eckehart aus, daß sie nicht in

der menschlichen Seele schlechthin, sondern nur in einem der Sinn-

lichkeit ebenso wie dem zerlegenden Denken entrückten Teile der

Seele stattfinden könne. Meister Eckehart bestimmte ihn mit durch-

dringendem Blicke als Seeleng r u n d und damit zugleich als W u r -

z e 1 der Seelenkräfte; und nach der anderen, der metaphysischen

Seite hin war die Bestimmung als „ K 1 e i d h a u s G o t t e s “, als

die Berührungsstätte von Seele und Gott, schon von selbst gegeben.

Als mit Lichterlebnissen verbunden, nannte er diesen Grund der

Seele auch „Fünklein“ — ein Name, der übrigens mit u r a l t e n

m y s t i s c h e n V o r s t e l l u n g e n verbunden sein könnte, wo-

nach die Seele als ein Funke des göttlichen Urfeuers zu gelten hätte

1

.

(Sollte Meister Eckehart auch andere als nur die schriftlichen Über-

lieferungen der Neuplatoniker und des Dionysios Areopagita ge-

kannt haben?)

A. Daß der Begriff des Seelengrundes als Wurzel aller Seelen-

kräfte eine neue Grundlegung der S e e l e n l e h r e , damit aber

auch der E r k e n n t n i s l e h r e bedeute, liegt am Tage und wird

sich später zeigen. Eine deutliche Stelle hierüber findet sich z. B. in

der auch sonst bedeutsamen Predigt 87 bei Pfeiffer:

1

Vgl. die Belege dazu in meinem Buch: Religionsphilosophie, Wien 1947,

S. 116 f. [2. Aufl., Graz 1970, S. 132 f.].