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149

Hier aber finden wir ausnahmslos eine Grundtatsache, welche

vernehmlich für Meister Eckehart spricht: Der hohen Kunst leuchtet

in der Natur überall das Übersinnliche auf!

Sei es die Naturdichtung Goethes und der Romantik, sei es die

Musik, die Malerei, die bildende Kunst, überall, wo sie die Natur

darstellt, läßt sie ihren übersinnlichen Grund hervortreten. Das

göttliche Leben der Seele und der göttliche Grund der Natur muß

sich in der echten Kunst berühren.

Die Gottesgegenwart in der Natur spricht Goethe in den „Gren-

zen der Menschheit“ erhaben aus:

Wenn der uralte,

Heilige Vater

Mit gelassener Hand

Aus rollenden Wolken

Segnende Blitze

Uber die Erde sät,

Küss’ ich den letzten

Saum seines Kleides,

Kindliche Schauer

Treu in der Brust«

Und dasselbe verkündet Goethe als Lehre:

Was kann dem Menschen Höh’res widerfahren,

Als daß sich Gott-Natur ihm offenbare .. .

1

?

In berühmten Worten lehrt er wie Eckehart, ohne Eckehart zu

kennen, daß Gott auf dem Grunde der Natur wirke, innerlich,

nicht äußerlich:

Was wär’ ein Gott, der nur von außen stieße,

Im Kreis das All am Finger laufen ließe!

Ihm ziemt’s, die Welt im Innern zu bewegen,

Natur in sich, sich in Natur zu hegen

2

.

Schon in frühester Jugend empfand er so, wie er uns selbst er-

zählt — aus Anschauung und unmittelbarer Verbundenheit:

„Der Gott, der mit der Natur in unmittelbarer Verbindung stehe, sie als sein

Werk anerkenne und liebe, dieser schien ihm (dem Knaben) der eigentliche Gott."

3

Eben diese Naturauffassung und keine andere ist es, welche der

Lehre Eckeharts, die Gemeinschaft des Menschen mit der Natur be-

1

Vor Schillers Schädel.

2

Gott, Gemüt und Welt.

3

Dichtung und Wahrheit I.