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Wesen nach ihres Selbstes und strebt zu Gott. So ist die Gottwendig-

keit der Natur zugleich in ihrer Menschenwendigkeit begründet, ja

durch diese erst vermittelt. — Und von der anderen Seite her gese-

hen, besteht eine Gemeinschaft zwischen Mensch und Natur wieder

nur um der Gottessehnsucht willen, welche die Natur wie den Men-

schen beseelt und welche, da der Mensch die Natur dem Vermögen

nach in sich enthält, durch den Menschen selbst vermittelt wird.

D.

N a t u r p h i l o s o p h i s c h e I d e e n l e h r e

Zu den soeben überblickten naturphilosophischen Grundgedanken

Eckeharts kommt noch die naturphilosophische Ideenlehre hinzu.

Sehen wir von dem schon in der Schöpfungslehre über die Idee Dar-

gelegten ab, so können wir kurz als die Hauptsätze die folgenden

bezeichnen:

1.

Die Einheit und Ungeteiltheit der jeweils oberen Idee im Ver-

gleiche zur jeweils niederen. („Was im Niederen geteilt, ist eins

im Oberen.“

1

2.

Die Verähnlichung des Gewirkten durch das Wirkende, durch die

wirkende Idee. („Ein Wirkendes macht nicht sich allem (Ge-

wirkten) ähnlich, sondern es macht (umgekehrt) alles Gewirkte

sich selbst ähnlich.“

2

) Im Sinne der ganzheitlichen Kategorienlehre

des Verfassers ist damit die Ebenbildlichkei der Ausgliederung des

Gliedes durch das Ganze oder des Niederen durch das Höhere

ausgesprochen.

3.

Das Innebleiben des jeweils Niederen im Höheren oder des

Gliedes in der ausgliedernden Ganzheit, wie es in der Schöpfungs-

lehre bereits hervortrat. Denn die Ideenwelt ist ein Stufenbau

gleichwie ihr Abbild auf der Erde.

4.

Das Ergebnis des schöpferischen Wirkens der Ideen von oben

nach unten sind Entsprechungen („Gleichnisse“) im Gesamt-

ganzen der Natur; die Naturideen sind wieder Entsprechungen

zur Seele.

5.

Die Idee wirkt vollkommen und unvollkommen. Ähnlich wie im

Menschen gibt es daher auch in der Natur vollkommen und un-

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