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talischer Mystik schöpft, aber als Dichter doch seine eigene Na-

turempfindung sich bewahrte:

Leben vom Hauche des Himmels

Von was die Erde lebt, von der wir alle leben?

Vom Hauch der Himmelsluft, wovon sie ist umgeben.

Von diesem Hauche lebt Gestirn und Mond und Sonne.

Und fließen über, Licht vom Überfluß der Wonne;

Als wie die Rose, die die Milch der Erde trinkt,

Von Wohlergehen träuft, vom Schmelz der Farben blinkt,

Gepriesen sei die Luft, der Hauch vom Mund des Herrn,

... Von diesem Hauche lebst auch du wie Sonn’ und Stern,

Nicht von der Erde, die selbst lebt vom Hauch des Herrn.

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Überall strebt die echte Naturdichtung, die Einheit von Welt und

Seele in Bildern über Bildern auszudrücken.

Die Gottgeborgenheit der Natur wie des Menschen erfüllt so

viele Gedichte E i c h e n d o r f f s :

Der Einsiedler

Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!

Wie steigst du von den Bergen sacht,

Die Lüfte alle schlafen,

Ein Schiffer nur noch, wandermüd,

Singt übers Meer sein Abendlied

Zu Gottes Lob im Hafen.

Die Jahre wie die Wolken gehn

Und lassen mich hier einsam stehn,

Die Welt hat mich vergessen,

Da tratest du wunderbar zu mir,

Wenn ich beim Waldesrauschen hier

Gedankenvoll gesessen .. .

Eine tiefe E m p f i n d u n g des übersinnlichen Grundes der

Natur wie des Menschen verspüren wir in L e n a u s Reimen über

die Nacht, welche er „Bitte“ überschreibt:

Weil auf mir, du dunkles Auge,

Übe deine ganze Macht,

Ernste, milde, träumerische,

Unergründlich süße Nacht!

Nimm mit deinem Zauberdunkel

Diese Welt von hinnen mir,

Daß du über meinem Leben

Einsam schwebest für und für.

Wanderung, Sechster Bezirk.