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Noch manche solche Äußerungen, die uns verbürgen, hier Ecke-

harts ureigenste Lehre vor uns zu haben, ließen sich anführen. Doch

möge das bisherige genügen.

Der neuzeitlichen Geistesrichtung klingen nun alle diese Dinge

befremdlich und einfach unerschwinglich. Die positivistische Denk-

weise kann damit schlechthin nichts anfangen. Sieht man aber näher

zu und stellt man sich auf den Standpunkt des Idealismus, wie er

von Platon bis Hegel entwickelt wurde, so erscheint Eckeharts Lehre

wohl begreiflich. Der Grundgedanke Eckeharts, wonach wir erken-

nen durch Erkanntwerden, findet sich auch in der Geschichte des

Idealismus. F r a n z v o n B a a d e r war es, der den Satz verfocht:

„ C o g i t o r e r g o c o g i t o , ich werde gedacht, also denke ich“

— eine Formulierung, die sich gegen Descartes „cogito ergo sum ,Ich

denke, also bin ich“ richtet. Eine andere Bestimmung lautet:

„ C o g n o s c o i n q u a n t u m c o g n o s c o r ; i c h e r k e n n e ,

i n s o f e r n i c h e r k a n n t w e r d e . “

Das gilt für das Erkennen im höchsten mystischen Zustande. Es

gilt aber auch für das Erkennen aus der Idee, also für die Ideenlehre,

wenn und soferne man sie als Grundlage der Erkenntnislehre an-

nimmt.

Gehen wir von der Idee aus, so ist es klar, daß sie, im Platoni-

schen Sinne verstanden, als E i n g e b u n g in unserem Geiste er-

w e c k t werden müsse, ehe eine Wesenserkenntnis der Dinge statt-

finden kann (die Sinneserfahrung ist dabei zwar unentbehrlich, aber

nur Vorbedingung, nur Veranlassung der Erweckung der in unserem

Geiste schlafenden Ideen

1

. Dieses Erwecktwerden der Ideen in uns

oder Eingerücktsein unseres Geistes in die Ideenwelt, angezeigt durch

die Eingebung, könnte man auch als „Erkanntwerden durch die

Idee“ bezeichnen: Ich erkenne, insofern die Idee in mir lebendig

wird, insofern ich eins mit der Idee bin oder soferne ich von der

Idee berührt werde, ich erkenne, also werde ich von der Idee be-

rührt.

Steht es doch ebenso mit der höchsten mystischen Erkenntnis. In

ihr bildet der Mensch, wie Eckehart sagt, eine Einheit mit Gott.

1

Die nähere Begründung in meinem Buch: Ganzheitliche Logik, Salzburg

1948.