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verstên, wan ez ist ein unbedâhtiu wârheit, diu dâ komen ist ûz dem herzen
gotes âne mitel.“
1
Durch unsere in der Übersetzung beigefügten Erläuterungen liegt
dieser Gedankengang Eckeharts zum ersten Male offen am Tage.
Das Wesentliche dabei ist die Unterscheidung
(1)
des Vorseins, des innebleibenden
2
Vorseins in seiner Ü b e r -
z e i t l i c h k e i t ;
(2)
Gottes als des Schöpfers von Gott als reinem innergöttlichen
Leben, was ohnehin klar war;
(3)
Gottes als Gott h e i t , das ist die v o r allen Unterschieden
in Gott befindliche absolute Einheit (deitas, nicht deus).
Unsere obige Auslegung bestätigen auch folgende Worte Ecke-
harts, die kurz vor den soeben angeführten stehen:
„Hier umbe sô bite ich got, daz er mich quit mache gotes, wan unwesenlich
wesen ist o b e r got und ober underscheit; dâ was ich selber, da w o l t e i c h
m i c h s e l b e r u n d e b e k a n t e m i c h s e l b e r z e m a c h e n n e d i s e n
m e n s c h e n , . . .“
3
.
Hier müssen wir innehalten, denn wir haben einen überaus wich-
tigen Gedanken Eckeharts vor uns: Im überzeitlichen Vorsein w i l l
sich der Mensch selbst, erkennt er sich selbst — s c h a f f t e r s i c h
s e l b s t ! Eckehart gibt diesem Gedanken, in welchem er nicht
weniger als den G r u n d d e s E i n t r i t t e s i n d i e W e l t
ausspricht, noch weiterhin einen unmißverständlichen Ausdruck, in-
dem er fortfährt:
, und hier umbe sô bin ich mîn selbes Sache nach mînem wesen, daz
êwic ist, unde nâch mînem wesen, daz zîtlich ist.“
4
Und wie um allen Mißverständnissen vorzubeugen, fügt Eckehart
hinzu:
1
Pf. 284, 28: Wer diese Rede nicht versteht, der habe keinen Kummer.
Denn solange der Mensch dieser Wahrheit (noch) nicht gleicht, solange wird er
diese Rede nicht verstehen; denn es ist eine offenbare Wahrheit, die unmittelbar
aus dem Herzen Gottes gekommen ist.
2
Daher in der Predigt 56 auf die Frage: „Bruder Eckehart, wann ginget ihr
aus dem Hause?“ die Antwort: „Eben, da ihr fragtet, war ich darin.“
3
Pf. 283, 37: Darum bitte ich Gott: daß er mich frei mache von Gott (dem
Schöpfer), denn überseiendes Sein (der höchste Zustand des Menschen) ist ü b e r
Gott und über Unterscheidbarem; da (in dem höchsten, überzeitlichen, unmani-
festierten Zustande = dem Zustande vor dem Ausflusse!), da war ich selber, da
wo l l t e i c h m i c h s e l b e r , u m d i e s e n M e n s c h e n z u s c h a f f e n . . .
4
Pf. 283, 40: ...und darum bin ich, nach meinem ewigen und nach meinem
zeitlichen Wesen, Ursache meiner selber....