Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8280 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8280 / 9133 Next Page
Page Background

220

Romantik weicht von der Dichtung nie,

Sie ist ihre Mutter: die Phantasie.

Diese Grundauffassung vom Wesen des Klassischen und Roman-

tischen gilt es im einzelnen an den Merkmalen des Schönen, der

Eingebung, Gestaltung und Rückverbundenheit zu bewähren.

2. Die Eingebung

a. G r u n d s ä t z l i c h e s

α.

Das Klassische

Gehen wir von der Eingebung aus, so ist zu erklären, inwiefern

sie den Gegenstand von einer bestimmten Seite her nimmt, und

ferner inwiefern sie durch die Eingliederung in den jeweils vorhan-

denen Geistesinhalt verändert wird.

Beides geschieht in Gegenseitigkeit.

Das sichere metaphysisch-religiöse Bewußtsein, durch das wir die

Klassik gekennzeichnet fanden, läßt den Künstler einerseits den

Gegenstand seiner Eingebung in reiner, gleichsam ungekränkter

G e g e n s t ä n d l i c h k e i t und eben damit als vollwertiges

Glied des Ganzen erscheinen; wie es andererseits durch die Einglie-

derung in den jeweils gegebenen, metaphysisch bestimmten Geistes-

inhalt ebenfalls wieder die Gegenständlichkeit des in der Eingebung

Erfaßten nicht beeinträchtigt: Eingebung wie Eingliederung der

Eingebung sind beide durch das sichere metaphysisch-religiöse Be-

wußtsein mitbestimmt, daß alles in einer Uberwelt, zuletzt in der

Gottheit aufgehoben sei, die a l l e s h e g t u n d t r ä g t .

Indem auf diese Weise alle Dinge und Menschen in ihrer, sei es

noch so verborgenen, überweltlichen Bestimmtheit und Gegenständ-

lichkeit unverfälscht aufgefaßt werden, erscheinen sie in jener über-

einzelnen Gegründetheit, welche man als eine höhere Beseeltheit

oder kurz als platonische Idee bezeichnen muß. Es ist also in der

klassischen Kunst eine m e t a p h y s i s c h - i d e e n h a f t e G e -

g e n s t ä n d l i c h k e i t , welche die Eingebung dem schaffenden

Künstler zur Erscheinung bringt; mit der Aufgabe, sie in diesem

ihrem Gepräge — dem gegenständlichen — zur Gestaltung zu brin-

gen.

In welchem Verhältnisse steht nun diese metaphysisch begründete

Gegenständlichkeit zum I c h ?