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225

b. B e i s p i e l e

α.

Klassik

In der Dichtkunst fallen als Beispiele gegenständlicher Behand-

lung in die Augen: Homer, die griechischen Tragiker, Dante, die

Spanier (die aber auch romantische Einschläge zeigen, wie Cervan-

tes und Calderon), besonders aber Shakespeare, Goethe und Schiller

(etwa seit dem „Wallenstein“).

Wir weisen zuerst auf Goethe hin. Seine Dichtung wurde von

jeher als gegenständlich empfunden; und zwar im oben erklärten

Sinne der Begründetheit des Gegenstandes auf seiner platonischen

Idee, worin eine Synthese von Ich und Gegenstand erreicht ist. —

In jenem berühmten Briefe Schillers an Goethe (vom 23. August

1794), in welchem dieser von „freundlicher Hand“ die „Summe sei-

ner Existenz“

1

gezogen fand, spricht Schiller tiefblickend von Goe-

thes „beobachtendem Blick, der so still und rein auf den Dingen

ruht“

2

. — Und Wilhelm von Humboldt schreibt am 25. Juni 1796:

Goethe vermöge „die wahre Beschaffenheit der Gegenstände rein in

sich aufzunehmen und sie immer wieder gleich treu in seiner Ein-

bildungskraft darzustellen“.

Goethe selbst äußert sich öfters in ähnlichem Sinne, so z. B. zu

Eckermann am 6. Mai 1827:

„Es war im Ganzen nicht meine Art, als Poet nach Verkörperung von etwas

Abstraktem zu streben. Ich empfing in meinem Inneren Eindrücke, und zwar Ein-

drücke sinnlicher, lebensvoller, lieblicher, bunter, hundertfältiger Art, wie eine

rege Einbildungskraft (also Eingebung) es mir darbot; und ich hatte als Poet

weiter nichts zu tun, als solche Anschauungen und Eindrücke in mir künstlerisch

zu runden und auszubilden und durch eine lebensvolle Darstellung... zum Vor-

schein zu bringen“

3

.

Dem Zug zur Gegenständlichkeit in Goethes Dichtung entspricht

auch der oben angeführte „Fischer“ sowie das bekannte Lied

Lynceus’, des Türmers, im Faust

4

:

1

Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe, Bd. 1, 4. Aufl., Stuttgart 1881, S. 7.

2

Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe, . . . , S. 5, Zeile

6

f.

3

Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe, Bd 1, Teil 3, Leipzig 1914,

S. 100.

4

Johann Wolfgang von Goethe: Sämtliche Werke, Bd 10, Stuttgart, S. 359.

15 Spann, 19