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In die Sehnsucht nach den Ihrigen mischt sich besänftigend die Ver-
ehrung für die Göttin, welche, indem sie Iphigenie rettete, zugleich
das schmerzliche Schicksal verhängte. Dadurch wird dem Schmerze
zugleich alles Wilde, Hadernde, aber auch das rein Ichhafte genom-
men. Alles Geschehen wird nun in größere, höhere Zusammenhänge
gehoben und in diesem Sinne überichhaft-gegenständlich.
In Goethes „Hermann und Dorothea“ finden wir uns vollends
in geradezu homerischem Luftkreise. Als Hermann hinausfährt, um
den Flüchtlingen Gaben zu bringen, trifft er Dorothea:
Als ich nun meines Weges die neue Straße hinauf fuhr,
Fiel mir ein Wagen ins Auge, von tüchtigen Bäumen gefüget,
Von zwei Ochsen gezogen, den größten und stärksten des Auslands,
Nebenher aber ging mit starken Schritten ein Mädchen,
Lenkte mit langem Stabe die beiden gewaltigen Tiere,
Trieb sie an und hielt sie zurück, sie leitete klüglich.
Nicht nur das Anschauliche ist es, was diesen Wortlaut auszeichnet;
es ist auch das Geschehende in eine größere, nun einmal wie unab-
änderlich gegebene, also überindividuelle Ordnung gerückt.
Die Begründung des neuzeitlichen, klassischen Dramenstiles er-
folgt (wenn wir von den Spaniern absehen) bekanntlich durch
S h a k e s p e a r e . Er schafft einen nicht mehr kirchlich bestimm-
ten Stil, welcher von dem früheren christlichen Mysterien- und Pas-
sionsstil einerseits, vom altgriechischen Drama andererseits abweicht
(im Rahmen des Vorgefundenen altenglischen Theaters). Wenn man
aber meint, das sei geschehen, indem Shakespeare vom religiösen
zum sittlichen Drama übergegangen sei, so ist diese Meinung zu
berichtigen! Shakespeares Dramen sind, was man so gerne über-
sieht, nicht nur sittlich und seelenkundlich, viel mehr noch in der
Ü b e r w e l t verankert. Darunter verstehen wir das Magische
und Metaphysische, auch Religiöse (wie wir später zeigen werden).
Von dem späteren, durch Regelzwang verkünstelten, weit schwä-
cheren französischen Dramenstil verdrängt, setzt sich in Deutsch-
land bekanntlich durch L e s s i n g , G o e t h e , T i e c k und die
Gebrüder S c h l e g e l bald darauf in ganz Europa Shakespeare
wieder durch.
Die Genannten gingen nicht in Aufklärung und Materialismus
unter, waren daher der französischen Geisteshaltung überlegen. We-
sentlicher noch für ihren Sieg scheint uns aber, daß bei Shakespeare,
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