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241

B. Die g e b r o c h e n e K u n s t

1. Begriff

Gemäß unserem Stilbegriffe, welcher der Eingliederung der Ein-

gebung in einen jeweils gegebenen Geisteszusammenhang bestimm-

ter Prägung eine entscheidende Bedeutung beimißt, muß sich eine

mißleitete Eingliederung der Eingebung oder aber das Fehlen einer

echten Eingebung als Unvollkommenheitserscheinung des Stiles dar-

stellen.

Daher können wir eine solche Kunst verfehlten Stiles auch kurz

gebrochene Kunst nennen.

Wesentlich gehören alle jene Kunstrichtungen hierher, welche

k e i n e metaphysisch-religiöse Grundlage für ihre Eingebungen

und deren Eingliederung in den gegebenen Geisteszusammenhang

haben; — oder überhaupt keine Eingebung tieferer Art!

Wir können das auch noch von einer anderen Seite her klar-

machen.

Wo es an metaphysisch-religiösem Empfinden fehlt, d o r t

f e h l t e s n o t w e n d i g a n d e r T i e f e d e r E i n g e -

b u n g . Dies ist keine leichtsinnige Behauptung! Denn es ist ja

eben das Wesen der Eingebung, durch die äußere Hülle des Dinges

zu seinem verborgenen Grunde, der es tragenden, ideenhaften

Wirklichkeiten vorzudringen. Damit ist aber schon das Übersinn-

liche erreicht, ist demnach wenigstens ein Anfang des metaphysisch-

religiösen Bewußtseins gemacht! Wem die innere Kraft des Vor-

dringens zum ideenhaften Grunde der Dinge fehlt, dem fehlt auch

die Kraft tieferer Eingebung.

Und weiter! Wo es an metaphysischem Empfinden fehlt, dort

fehlt es der Eingebung auch an der notwendigen Gegenwart des

Ganzen im Teile; das heißt: das Ganze der Natur ist nicht in den

einzelnen Dingen; das Ganze der Geisteswelt, und damit zugleich

der Uberwelt, befaßt und hält nicht alles geistige Geschehen. Die

Naturdinge und die Geisteserscheinungen werden daher auch nicht

in diese höchsten Zusammenhänge eingegliedert; wie sie umgekehrt

von ihnen nicht befaßt, rückverbunden erscheinen!

In diesem Sinne muß man sagen, daß die Kunst ohne meta-

physische und religiöse Grundlage tiefer, echter Eingebung kaum

16 Spann, 19