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w i e k e i n e W e r t e . S i n n l o s i g k e i t , W a h n s i n n i s t d i e W e l t .
Als Psychologe, der weiß, daß jeder Gott eine Möglichkeit für Finanzleute ist, ist
der Dadaist aus Instinkt Atheist.“
Weiter heißt es:
„Der Dadaist ist ein Wirklichkeitsmensch, der den Wein, die Weiber' und
die ... Reklame liebt; seine Kultur ist vor allem Körperkultur.“
Und einer der angesehensten Führer dieser Richtungen, der Pa-
riser Architekt Le C o r b u s i e r , schrieb:
„Gotik, Renaissance, Barock usw. sind nur ehrwürdiges Aas“
1
.
Wir könnten mehr und noch Ärgeres dieser Art anführen; es
genügt aber schon das Gesagte, um das Urteil zu rechtfertigen, daß
es sich in den neuzeitlichen Kunstrichtungen wesentlich um einen
A u f s t a n d d e r g e i s t i g e n U n t e r w e l t handle!
Und das ist leider nicht so völlig unbegreiflich: Durch die Geistes-
bewegungen der Französischen Revolution und jene, die in
Deutschland nach Goethes und Hegels Tode in den Vordergrund
traten, die in Frankreich schon mit Comtes „Positivismus“, einem
verschärften Empirismus, später in Deutschland als nackter Mate-
rialismus hervortraten — durch diese und ähnliche Bewegungen ist
der Aufstand der geistigen Unterwelt als eine allmählich zuneh-
mende, schließlich herrschende Zeiterscheinung klar beurkundet!
Welcher Zerstörungseifer in den Köpfen mancher sogenannter
Künstler heute wohnt, mögen noch folgende Sätze aus einem Mani-
fest der Futuristen veranschaulichen:
„Ein altes Bild bewundern, heißt seine Kraft in eine Totenurne schütten. - Wir
müssen die Museen, die Galerien zerstören; ja wir müssen alle alten Städte von
Grund auf zerstören. - Die Welt hat sich mit n e u e r Schönheit bereichert - der
G e s c h w i n d i g k e i t . Ein Automobil, ein Flugzeug ist schöner als die Nike
von Samothrake. Nicht die Dinge sollen gemalt werden, sondern die r h y t h -
m i s c h e n K r ä f t e der Dinge“
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.
Das hieße also, nach einem gewonnenen Kriege nicht die geflü-
gelte Siegesgöttin, sondern — ein Automobil malen! Zu solchem
Irrsin versteigt sich die Anmaßung dieses Denkens! Dem entspricht
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Alle obigen Ausführungen sind entnommen der kleinen, ausgezeichneten
Schrift von Arthur Roeßler: Zur Kunst- und Kulturkrise der Gegenwart, Wien
1947, S. 50 und 51.
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Angeführt bei: Arthur Roeßler: Zur Kunst- und Kulturkrise der Gegenwart,
Wien 1947, S. 48 f.