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nicht festgehalten werden konnte (vielleicht aus äußeren Gründen,

wie sie z. B. Grillparzer von seinem „Goldenen Vließ“ erzählt),

daher die Stimmung nicht vorhielt, die Begeisterung verflog.

E s i s t klar, daß zur Gattung des Hausbackenen und Seichten, vulgo Banalen,

hauptsächlich die Werke der vielen T a g e s g r ö ß e n aller Kunstgattungen

gehören, welche besonders von Kunstrichtern der Mode und wohl auch von den

Zeitungen und Zeitschriften gefeiert werden.

Zum Seichten gehört besonders auch das gesamte L i c h t s p i e l w e s e n , die

sogenannte „Kinokunst“ (mit Ausnahme natürlich aller Reise-, Belehrungs-, For-

schungs- und Geschichtsfilme im weiteren Sinne). Diese Kunst nimmt sich übri-

gens selbst nicht ernst, indem sie ja stets mit neuen „Schlagern“ (man verzeihe

das unschöne Wort) herauskommt, übrigens vielfach im Verbrecherromane stecken

bleibt. Da sie auf Maschinen angewiesen ist, muß sie allzu sehr auf grelle Wir-

kungen bedacht sein, womit zwar nicht eigentlich das Hausbackene, wohl aber das

im letzten Grunde Seichte, Unbedeutende, zwangsläufig gegeben ist.

Eine Teilkraft, welche in gleicher Richtung wirkt, ist ferner auch die rein

geschäftliche Selbstanpreisung (Reklame). Sie geht ihrem Wesen nach völlig ins

Breite. Der Grundsatz „die Menge tut es“, führt natürlich wieder notwendig ins

Seichte!

3.

Trockenheit einerseits, willkürliche Phantastik andererseits

Eine der Seichtheit verwandte Folgeerscheinung der Eingebungs-

schwäche ist T r o c k e n h e i t , und zwar sowohl dem inneren

Gehalte des Schönen wie auch der Darstellung, der Gestaltung nach.

Denn wo die Eingebung nicht tief ist, mangelt es zunächst an

Schwung, Begeisterung, hinreißender Kraft. An die Stelle echter,

künstlerischer Ergriffenheit tritt leicht Trockenheit und Leere.

Indessen kann sich auch die gegenteilige Folge einstellen, nämlich

der Drang, diese Trockenheit zu überholen, indem man eine in der

Eingebung nicht genügend verankerte, daher willkürliche Einbil-

dungskraft spielen läßt, das, was man P h a n t a s t i k nennt (zum

Unterschiede echter Phantasie, die in der Eingebung gründet).

Als Beispiele für das eine wie für das andere können besonders

Ope r n t e x t e gelten. Da aber die Eingebung hier vorwiegend

der Tondichter beizusteuern hat, kann sowohl Trockenheit wie auch

das Gegenteil, Phantastik, noch überwunden werden. Die „Entfüh-

rung aus dem Serail“ ebenso wie der „Fidelio“ können trocken

und phantastisch zugleich genannt werden. Die Trockenheit wird

vom Tondichter von selbst überwunden; die willkürliche Aus-

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