Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8422 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8422 / 9133 Next Page
Page Background

362

Schwanz, tierischen Ohren, Hufen, Hörnern das Lächerliche, Scher-

zende und Spöttische vertraten!

War in der Tragödie der Mensch in das gottverhängte Geschick

verwickelt, so im Satyrspiel die Welt von Naturgeistern, unter-

menschlichen Mächten belebt. Im Mittelalter, wo man noch an Wich-

tel, Zwerge, Kobolde, Elfen, Wald- und Wasserfrauen glaubte, wäre

ein Schauspiel solcher Art noch möglich gewesen. Heute ist auch das

ausgeschlossen. Jedenfalls, ein Lustspiel nach heutigen Begriffen war

auch das Satyrspiel nicht.

c.

H e r r s c h a f t d e s L ä c h e r l i c h e n i s t n u r a u s M a n g e l a n

R ü c k v e r b u n d e n h e i t m ö g l i c h

Jenes Nichtseinsollende, welches sich Vergnüglicherweiser plötz-

lich ins Nichts auflöst und uns dadurch zum Lachen bringt, hat in

Wahrheit keine beherrschende, vielmehr nur eine nebensächliche

Stellung im Leben. Daher kann der Mensch jene Überlegenheit, die

er im Lachen und Scherzen beweist, nicht überall ausüben, besonders

nicht dem Tode gegenüber.

Nimmt man daher die ernsten Bedrohungen des Sinnes unseres

Lebens nur als nichtige, welche sich verblüffend schnell in nichts auf-

lösen lassen, dann hat man das Leben nicht auf den tiefen Grund

seiner Ganzheit zurückgeführt. Der Versuch, das Lächerliche, Hu-

moristische, Scherzhafte, Spöttische zur eigenen Kunstgattung und

im besonderen im Lustspiele zu einer eigenen Art des Dramas zu

erheben, beruht demnach auf e i n e r S c h w ä c h e des Rück-

verbundenheitsbewußtseins.

Dem Wesen der Sache nach kann also das Lächerliche niemals das

Schöne beherrschen, es kann nur vereinzelt als erleichternder Aus-

blick auf die Überwindungsfähigkeit des uns Entgegenstehenden

seinen Dienst tun.

Hier kommt uns wieder Goethe zu Hilfe, der in den „Maximen

und Reflexionen“ sagte: „Der Humor ist eines der Elemente des

Genies, aber sobald er vorwaltet, nur ein Surrogat desselben; er

begleitet die abnehmende Kunst, zerstört, vernichtet sie zuletzt

1

.“

1

Goethe: Maximen und Reflexionen ... Nr. 701.