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Ist nun unser geistig-seelisches Leben „Selbstsetzung“ (reine
Spontaneität), so ist die dazu jedesmal erforderliche innere Kraft
eine d u r c h u n s s e l b s t immer neu aufgebrachte, in unserem
Inneren urentstandene — also übernaturhafte! Denn während die
mathematische Physik lehrt, alle Vorgänge der stofflichen Natur
beruhten auf einer jeweils schon vorhandenen „Energie“, z. B. die
Wärmeenergie der Feuerung des Dampfkessels auf der in der Kohle
aufgespeicherten Energie; jene der Dampfspannung auf der der
Feuerung usw. (was ja eben in dem grundlegenden Satz der „Erhal-
tung der Energie“ zum Ausdrucke kommt!); steht es im geistig-
seelischen Bereiche anders. Hier setzt sich das Ich selbst, es nimmt
seine Setzungsenergie (wie es physikalisch auszudrücken wäre)
n i c h t v o n w o a n d e r s h e r ! Voraussetzungen an stoff-
licher Energie mögen wohl unentbehrlich sein, z. B. die chemische
Energie der Nahrung, die in den Nerven usw. aufgespeichert ist;
aber die geistige Tat kommt aus sich selbst her, sie ist Selbstset-
zung: G e i s t u n d S e e l e s i n d i h r e m W e s e n n a c h
s c h ö p f e r i s c h ; die Natur aber, wie die mathematische Phy-
sik sie ansieht, schafft keine neuen Energien, sondern erhält nur die
alten, setzt sie nur um.
Ist aber der Geist schöpferisch, so folgt daraus, daß schon der
bloße Sinneseindruck kein bloß chemisch-mechanischer Vorgang
sein könne. Im Gegenteil! Schon die Bewußtwerdung, die seelische
Auffassung des Sinneseindruckes, z. B. „rot“ oder „Rose“, ist nur
kraft der S e l b s t s e t z u n g des Geistes möglich — ein Wunder,
das über alle rein stofflichen Naturvorgänge weit hinausgeht. Die
bewußte Empfindung „rot“ ist, wie gesagt, an stoffliche Vorgänge
in den Netzhaut- und Nervenzellen nur als an Vorbedingungen
gebunden; aber sie selbst ist etwas grundsätzlich anderes, ist ein
Geschehen auf anderer Ebene — ein Wunder.
Das Denken und Erkennen im eigentlichen Sinne ist jedoch ein
neues Wunder, welches sich über das eben erklärte noch erhebt. Es
ist die unergründlich geheimnisvolle und unaussprechlich erhabene
Tatsache, daß alles Erkennen zuletzt auf E i n g e b u n g , das ist
Intuition, Divination, Inspiration, zurückgeht; kurz gesagt, auf
einem u n m i t t e l b a r e n Erfassen des immateriellen, geistarti-
gen Wesensgrundes eines Dinges und ebenso der Seele und des
Geistes eines Menschen beruht.