NACHWORT
von
Rolf Amtmann
Für Schelling, den größten deutschen Kunst-Philosophen, ist die
Kunst die vollkommene Versöhnung des Geistes mit der Natur, die
philosophische Anschauung der Kunst die Vollendung des gesamten
Systems der Philosophie. Steht er mit dieser Höchstbewertung der
Kunstphilosophie auch unter den Philosophen einmalig und alleine
da, so nimmt sie dennoch auch im System der Ganzheitslehre nicht
nur zeitlich, sondern auch systematisch eine in gewissem Sinne voll-
endende Stellung ein.
Die Ganzheitslehre hat uns immer wieder eindringlich gezeigt,
daß Kunst viel mehr ist als „Kunst“ (dieses Wort nun im herkömm-
lichen, heute allgemein üblichen Sinne als Verschönerung des Lebens
verstanden). Kunst ist eine Lebensmacht! Kunst ist Lebens-
gestaltung, die vielleicht entscheidendste Macht des Lebens, denn
K u n s t i s t d i e M i t t e d e s L e b e n s ! Mit der Kunst-
philosophie stößt Spann noch einmal in das Zentrum des Lebens
vor. Wie von selbst ergeben sich aus dem Gesamtsystem die Bau-
steine zu einer Philosophie der Kunst. Und doch hätte sie kein
anderer in so selbstverständlicher Weise zusammenfügen können,
wie der Schöpfer der Ganzheitslehre. Der Kunst aber gibt diese ihre
Zentralstellung im Geistesleben zurück. Wodurch? Durch die ihr
schon im Schöpfungsgang des Geistes zugewiesene Aufgabe: Ohne
Gestaltung der Eingebung wäre jedes Denken, jedes Handeln sogar,
unmöglich. Gestaltung der Eingebung aber ist das Wesen der Kunst!
Künstlerische Gestalt ist die vollkommene Versinnlichung des Gei-
stigen, zugleich aber die vollkommene Vergeistigung des Sinnlichen,
wahrlich „die Versöhnung des Geistes mit der Natur“.
Welche Stellung nimmt nun die Kunstphilosophie im Gesamt-
gebäude der Ganzheitsphilosophie ein? In der Beantwortung dieser
Frage ist zugleich die Würdigung des Werkes mit eingeschlossen.
Uber dem Fundamente der K a t e g o r i e n l e h r e erhebt sich