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Mystiker und Heiligen immer wiederkehrende Erscheinung des
nahrungslosen Lebens!)
Das Wunder der Magie zeigt uns abermals, was uns alle Wunder
zeigen: die Übernatur hinter der Natur, die Uberwelt hinter der
Welt.
Noch manche Wunder, von denen wir umgeben sind, wären zu
nennen. Wir deuten zuletzt nur noch auf eines hin, die G e s t a l t .
Wenn alles in der Natur nur aus, wer weiß wie, zusammengewür-
felten und -gewirbelten A t o m e n bestünde, wie die Physik be-
hauptet, dann wäre Gestalt unbegreiflich, ja unmöglich. Und wenn
alles in der Natur — nach einer anderen Betrachtungsweise —
nichts anderes als s t e t i g e Verräumlichung und Verzeitlichung
wäre (ein Kontinuum), dann wäre alles ohne Abgrenzung, ohne
Maß; Gestalt wäre dann ebenfalls unmöglich! Wie man auch die
Natur wissenschaftlich ansehe, es gibt keinen Weg, zur Gestalt zu
gelangen. Einzig durch das Immaterielle, Intelligible, das sich in den
Naturdingen durch Verzeitlichung und Verräumlichung darstellt,
einzig durch sie ist Maß, Wesensart, Urprägung der Naturdinge,
einzig durch sie kann Gestalt entstehen, einzig durch sie ist Gestalt
unserem Begreifen erschwinglich. Vom Kristall, den Gebirgen,
Landschaften und Erdteilen bis zur Erde und den Sternen tritt uns
nun als innere Notwendigkeit die zeiträumliche Naturgestalt ent-
gegen — als Wunder, welches nicht aus der Natur, sondern aus der
Übernatur folgt!
Unter all den Wundern, die wir betrachteten, sind die größten
(außer den mystischen Seelenzuständen und Erfahrungen, von denen
wir hier schweigen): das Erkennen und Gestalten. Denn ohne sie
wären Wissenschaft und Kunst nicht möglich! Wissenschaft und
Kunst sind es, welche zusammen mit dem Glauben und mystischen
Innewerden des Göttlichen den Menschen erst über das bloß Natur-
hafte, Stoffliche, Dumpfe und Stockige zu der unendlich hohen
Würde des Geistes hinausheben.
Darum ist die Kunst Zeugnis wie der Herrlichkeit Gottes so der
Größe des Menschen, und die Philosophie der Kunst der magische
Spiegel ihrer Wunder.