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Der Sammler:
Und was verstehst du darunter?
Der Zerstreuer:
Die kausalmechanische Auffassung ist bekanntlich jene, welche
die Erscheinungen nicht in sinnvoll em Zusammenhange zu er-
forschen sucht, sondern in s innf reiem Zusammenhange, also sie
nur in äußerlicher Abfolge, nach mengenhaften Merkmalen, somit
mathematisch, darstellt.
Der Sammler:
Zum Beispiel...?
Der Zerstreuer:
Aristoteles suchte den freien Fall durch den Satz „Die Körper
suchen ihren Ort” sinnvo ll aufzufassen; Galilei stellte dieser Phan-
tasie von „suchenden Körpern” einfach das ma themati sche
Fallgesetz entgegen. Dieses stellt die Aufeinanderfolge der Phasen
des freien Falles nicht in einem Sinnzusammenhange (als „Suchen”
und dergleichen) dar, sondern ohne jeden Sinnzusammenhang,
nämlich nach gleichförmiger Beschleunigung, also rein mengenhaft
und damit sinnfrei. Darum sagte Galilei gegen Aristoteles, das Buch
der Natur sei mit mathematischen Lettern geschrieben.
Diese Auffassung nun, die man in weiterem Verstande des Wortes
die mechanistische nennt, ist und bleibt das Wesentliche heute wie
vor Jahrhunderten, das heißt von Galilei und Newton bis zur neuesten
Mikrophysik: Lediglich auf das Zu-Ende-Denken des Grundsätz-
lichen kommt es hier an.
Nun behaupte ich: Das Zu-Ende-Denken ergibt den Menschen als
ein den unerbittlichen Naturgesetzen unterworfenes, darum schlecht-
hin vergängliches Wesen. Die Unsterblichkeit des Menschen ist ein
Traum.
Das ist nicht ein bloß fachwissenschaftliches Urteil, sondern
folgt aus dem modernen Weltbild grundsätzlich.
Nun antworte getrost.
Der Sammler:
Es freut mich, daß du deinen Standpunkt rein grundsätzlich
nimmst; und daß du nicht irgendwelche Lehren des Tages, fachliche
Sondertheorien, gegen den Unsterblichkeitsgedanken zu Hilfe rufst.
Denn darin hast du recht: Ist der Mensch bloßes Naturwesen, dann
ist Unsterblichkeit ausgeschlossen.